Wie Verschwörungstheorien funktionieren

Diesen Artikel weiterempfehlen!

Anmerkungen zum Buch
"
Geheimakte John F. Kennedy" von Michael Hesemann

 
Ich möchte gerne anhand dieses Buches beispielhaft aufzeigen, welche Konzepte Verschwörungstheorien zugrunde liegen, wie sie funktionieren, am Leben gehalten werden und wie sich mit ihnen Geld machen lässt.

Ganz ehrlich? Ich glaube inzwischen, dass sich der Autor beim Schreiben dieses Buches deutlich weniger Mühe gemacht hat, als ich bei dessen Durcharbeitung. Das erklärt vielleicht auch, dass ich keine Reaktion von ihm auf eine entsprechende Email erhielt. Aber es hat Spaß gemacht und es war die Arbeit wert. 
Das vorliegende Werk ist in vielerlei Hinsicht exemplarisch für die Funktionsweise von Verschwörungstheorien:
  • Jede noch so kleine Ungereimtheit wird als Bestandteil einer allumfassenden Verschwörung  hervorgehoben.
  • Jeder Autor fügt noch seine eigenen kleinen Bausteine hinzu, wodurch der Wahrheitsgehalt immer weiter abnimmt.
  • Selbst offensichtlichste und leicht nachprüfbare Fake-News werden wider besseren Wissens übernommen und weiterverbreitet.
  • Dabei wird bewusst auf die Angabe von entsprechenden Quellen verzichtet.
  • Theorien – sowohl eigene als auch Fremdtheorien – werden so formuliert, dass sie wie Fakten erscheinen.
  • Es wird darauf verzichtet, diese Versionen einer Machbarkeitsprüfung zu unterziehen, sie auf Plausibilität zu überprüfen oder sie in Kompatibilität mit den unbestrittenen Fakten zu bringen.

Thema: Anzahl der Verschwörer

Wer Hesemann's Theoriengemenge folgt, dem wird schnell klar, dass es eine große Anzahl an "Mitverschwörern", "Mitwissern" oder zumindest "Unterstützer" braucht. 

(S.18) "Wer sich auf die Suche nach der Wahrheit über die Ereignisse vom 22. November 1963 macht, muss zunächst ein Labyrinth von Lügen durchqueren. Er muss die Möglichkeit einkalkulieren, dass Regierungen und offizielle Untersuchungsausschüsse bewusst die Unwahrheit sagen."

Wie wir später noch sehen werden, lässt sich Hesemann selbst bei einer Vielzahl von Lügen erwischen. Aber offensichtlich sind es nicht nur die Verschwörungstheoretiker, sondern gleich ganze Regierungen und Untersuchungsausschüsse, denen ich nicht trauen darf.

Hesemann vermischt ja verschiedene Theorien. Man versuche mal bitte darauf zu achten, wieviele potentielle Mitwisser es bei den einzelnen Schritten und Versionen geben müsste. Würde man beim Durchlesen des Buches nebenher eine Strichliste führen, wären wir am Ende wahrscheinlich bei einer hohen dreistelligen Zahl.

Thema: JFK – Tatort Dallas

Mehrfach wird offensichtlich, dass Hesemann ein Jünger von Oliver Stone ist. So bezeichnet er z.B. den Film als "Meisterwerk" (S.19) und die Buchvorlage als "ausgezeichnetes Buch" (S.163). Seine Beschreibung der Örtlichkeiten in New Orleans (S.73) gleichen 1:1 einer Szene im Film.
Schaut man sich die ganze Argumentationsführung genauer an, so ist es sogar fast nur eine aktualisiertere Ausgabe des Buches von Garrison. Umso schlimmer ist es doch, dass er trotzdem auf "alten Hüten" herumreitet, die längst widerlegt sind (wir kommen darauf noch zurück). (Tipp:  Filmkritik)

Thema: Anzahl der Schüsse

(S.20) "Hier, auf der Elm Street, zu Fuße des Grashügels, wurde John F. Kennedy von drei Schüssen getroffen."

Der Meinung bin ich ja auch. Trotzdem versucht der Autor im späteren Verlauf vehement, uns eine andere Version zu präsentieren, widerspricht sich dabei jedoch immer wieder selbst. Auf Seite 25 führt er plötzlich eine vollkommen eigene Version der Schussfolge auf, ohne uns wissen zu lassen, wie er denn zu dieser Erkenntnis gekommen ist oder aus welcher Quelle sie stammt. An dieser Stelle jedenfalls stellt er sie zunächst als Tatsache hin. Weitere Beispiele gefällig...?

(S.29) "Plötzlich fielen in kurzen Abständen drei Schüsse." (Cheryl McKinnon)

Schaut man sich die Aussagen jener Zeugen genauer an, die Hesemann selbst aufführt, so stellt man schnell fest, dass fast jeder von Ihnen auf drei Schüssen besteht.

Thema: Die Richtung der Schüsse

(S.119) "[...] waren die tödlichen Kugeln eindeutig von schräg rechts und von vorne abgefeuert worden."

Hesemann spricht hier in der Mehrzahl, doch war nur die Kopfwunde "tödlich". 

Während sonst üblicherweise auch beim Kopfschuss immer gerne von "vorn" gesprochen wird, obwohl es hierfür gar keine mögliche Schussposition gegeben hat, spricht Hesemann nun von "schräg rechts". Dabei bezieht er sich auf die Position vom Bretterzaun oder dem Grashügel. Ein solcher Schuss hätte jedoch den Kopf nicht seitlich aufgesprengt, sondern ihn durchschlagen. Dadurch wäre insbesondere auch seine linke Gehirnhälfte betroffen gewesen, was nun mal nicht der Fall war.

Das Thema rund um die Autopsie - insbesondere bezüglich der Kopfverletzung - ist extrem umfangreich und entsprechend anstrengend. Allein einer von vier Einlassungen von Dr. Humes umfasst mehr als 80 Seiten. Er beschreibt auch sehr eindringlich die Entstehung einiger Missverständnisse und Fehlinterpretationen. Außerdem verweist er auf die "schwierigen Umstände" zum Zeitpunkt der Autopsie und den vorgegeben Zeitdruck.
Vergleicht man die Aussagen der verschiedenen Ärzte, so gibt es bereits Abweichungen innerhalb der zwei Gruppen (Parkland und Bethesda). Das sorgt in der Tat für gewisse Verwirrungen. 

Es gibt jedoch noch andere Möglichkeiten, uns eine Meinung zu bilden. Wenn man sich mal den Zapruder-Film genau ansieht, und achtet man auf den Moment, wo Kennedy am Kopf getroffen wird, erscheint es mir persönlich recht eindeutig, dass der Kopf am rechten vorderen Teil aufgesprengt wird - und nicht am Hinterkopf. Dies ist auch klar auf dem Standbild im Buch zu erkennen. Dort sieht man auch, wie die Absprengungen sich in Fahrtrichtung nach oben bewegen.

2013 werden die Untersuchungen einer Gruppe von Pathologen der Universität Boston vorgestellt. Ihr Leiter, Peter Cummings, erhielt von der Kennedy-Familie den Zugang zum Nationalarchiv mit den Kleidungsstücken, Röntgenaufnahmen, Aufnahmen der Schädelfragmente und anderen Beweisstücken. Nicht er allein, sondern ein ganzes Team ist daraufhin zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass nicht nur der Schuss von hinten als ziemlich sicher anzusehen ist, sondern darüber hinaus auch ein Schuss aus Richtung des Grashügels aus einer Vielzahl von Gründen absolut auszuschließen ist. 
So scheint es durch die Bestätigung verschiedener Quellen u.a. als unstrittig zu gelten, dass nur die rechte Hälfte von Kennedys Gehirn beschädigt war. Dies wäre bei einem Schuss vom Grashügel aus jedoch nicht möglich gewesen. Weiterhin lässt auch die Struktur der Risse, welche sich über den ganzen Schädel ziehen, nur auf einen Schuss von hinten schließen.
Bei den Kleidungsstücken wurde - ihrer Interpretation nach - klar festgestellt, dass auch die Lochränder im Jackett und in der Krawatte des Präsidenten darauf hinwiesen, dass zumindest die erste Kugel von hinten gekommen sein muss.
(Hierzu mal die Untersuchungen von Dr. Peter Cummings.)

Letztlich bleibt noch das finale Problem des Fehlens einer möglichen Alternative (zumindest im Fall der "Magischen Kugel"). Hesemann schreibt auf Seite 139: 

"Die sehr viel wahrscheinlichere Alternative, dass Kennedy und Connally von drei verschiedenen Kugeln getroffen wurden, setzt vier oder mehr Schüsse und damit einen zweiten Schützen voraus."

Er unterschlägt dabei jedoch die Frage, wie ein Schütze Connally in den Rücken getroffen haben soll, ohne dabei vorher den Präsidenten zu treffen. Hierfür gäbe es keine einzige technisch mögliche Position, außer der des Präsidenten selbst...

Thema: Der Untersuchungsausschuss

(S.21) "Erst als das US-Abgeordnetenhaus in den Jahren 1977 bis 1979 den Fall JFK neu aufrollte, einigte man sich darauf, dass tatsächlich ein Schuss vom Grashügel kam, dass die Verschwörer den Präsidenten in einen Hinterhalt gelockt hatten!"

Falsch! Der Untersuchungsausschuss erklärte es lediglich "...für hoch wahrscheinlich, dass es noch einen weiteren, unidentifizierten Schützen gegeben habe, der einen vierten Schuss vom Grashügel an der Dealey Plaza abgegeben, aber danebengeschossen habe." Auch war von einem "Hinterhalt" nie die Rede.

Thema: Absicherung durch Sicherheitskräfte

(S.21) "Ein Skandal, dass die Stelle [hinter dem Bretterzaun] offenbar vom Sicherheitsdienst des Präsidenten, der die Fahrtroute plante und absicherte, übersehen wurde!"

Richtig ist: der Sicherheitsdienst des Präsidenten bestand anlässlich des Besuchs in Dallas aus 28 (!) Mann, das Team der Polizei von Dallas aus 600 Kräften. Die Absicherung der Fahrtroute selbst – also nicht der Fahrzeugkolonne – war also weitgehend in der Hand der Polizei von Dallas. Im späteren Verlauf werden wir auch noch sehen, dass auch die Planung der Fahrtroute in Abstimmung mit der örtlichen Polizei vorgenommen wurde.

Und auch hier gibt es Widersprüche in den Ausführungen:

(S.31) "Ab zehn Uhr hatte die Polizei den Parkplatz gesperrt...".

Wie denn nun? Wurde der Platz nun "übersehen" oder "gesperrt"...?

Thema: Rauchwolke hinter dem Bretterzaun

Hesemann führt Zeugen auf, die u.a. eine kleine "Rauchwolke" bzw. "Pulverdampf" hinter dem Bretterzaun aufsteigen gesehen haben wollen. Das Problem ist nur: ein Gewehr verursacht überhaupt keine solche Rauchwolke. Zumindest kein Hinterlader, zu denen auch der Karabiner gehört. Anders war das noch zu Zeiten des Bürgerkrieges, als mit Vorderladern geschossen wurde. Auch eine Handfeuerwaffe, bei der es eine Lücke zwischen Patronenlager und Lauf gibt, neigt zur Rauchentwicklung. Nicht aber eben bei Gewehren, wie sie in der Neuzeit benutzt werden. Auf diese Tatsache hatte auch schon der ehemalige Staatsanwalt Vincent Bugliosi in seinen beiden Büchern zum Thema hingewiesen.

Merkwürdig dabei auch: laut Hesemann wurde ja wohl von drei bis vier Standorten aus geschossen. Eine solche "Rauchwolke" wurde aber sonst an keiner der anderen potentiellen Stellen beobachtet. Könnte es nicht vielleicht sein, dass hier tatsächlich einfach nur jemand eine Zigarette, eine Zigarre oder gar eine Pfeife rauchte (wenn es denn diese Wolke überhaupt gegeben hat)?

Thema: Der "Umbrella Man"

Wie Hesemann selbst schon schreibt (S.35) handelte es sich beim "Umbrella Man" um den Versicherungsvertreter Louis Steven Witt1. Über dessen Rolle und seine Aussage kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Aber drei Dinge sollte man doch anmerken:
  1. Hesemann selbst schreibt: "Fünfzehn Jahre lang blieb die Identität der beiden Männer rätselhaft. Weder die Polizei noch die Warren-Kommission machten den geringsten Versuch, sie zu identifizieren... […]"
    Woher weiß Herr Hesemann eigentlich, wie weit die Bemühungen der Behörden gingen, die Personen zu identifizieren? Aber noch viel interessanter: Warum sollte sich eine Person, die tatsächlich in das Attentat verwickelt war, nach so langer Zeit selbst melden und sich damit entsprechenden Untersuchungen und Vernehmungen aussetzen? Hätte sich niemand gemeldet, wäre es einfach nur ein weiterer unbeweisbarer Faktor geblieben. Tatsächlich meldete sich Witt jedoch direkt nach einem Aufruf in der Zeitung.

  2. Zwar hatte Witt selbst erklärt, dass sein Schirm nichts mit den aktuellen Wetterbedingungen in Dallas am Tage des Attentats zu tun hatte, die Formulierungen von Hesemann diesbezüglich sind aber trotzdem falsch.
    Er schreibt (S.34): "Natürlich ist es in Texas unüblich, dass Männer Sonnenschirme tragen, und vor Regen brauchte sich an diesem sonnigen Tag auch niemand zu schützen."
    Tatsache ist aber, dass es an jenem Morgen noch bis kurz vor der Landung der Präsidentenmaschine geregnet hatte. Und tatsächlich sind auf der Paradestrecke viele Menschen zu sehen, die einen Mantel anhaben und auch noch ihren Regenschirm mit sich führen. Die Formulierungen von Hesemann zielen also auch hier einzig darauf ab, die Unsinnigkeit der Handlungen jener Person aufzuzeigen - also reine Polemik.

  3. Es bleibt die Frage, was denn die Funktion des Umbrella-Man gewesen sein soll. Hier bietet uns Hesemann unterschiedliche Erklärungen an. Die Erste, eine verborgene Waffe mit Giftpfeilen im Regenschirm, verwirft er selbst schnell wieder.
    Seine Theorie (S.231): "[…], dazu ein Zweierteam direkt an der Straße, das über ein vereinbartes Zeichen – den aufgespannten Regenschirm – und Funk den Erfolg der Schüsse vermeldete, […]"
    (S.34): "Auf Fotos, die unmittelbar vor dem Erscheinen der Wagenkolonne gemacht wurden, ist der Schirm des "Umbrella Man" noch geschlossen."
    Auf Seite 33 schreibt er jedoch: "Phil Willis schoss sein erstes Foto...[...] Das vierte entstand eine halbe Sekunde vor den ersten Schüssen […] Auf dem vierten Foto […] Ein Mann am Fuße des Grashügels hält trotz des sonnigen Wetters einen geöffneten Regenschirm in den Händen."
    Hesemann schreibt also selbst, dass der Regenschirm bereits geöffnet war, bevor auch nur der erste Schuss gefallen war. Es fehlt somit also auch der kausale Zusammenhang zwischen dem geöffneten Schirm und dem Tatverlauf. Und ganz nebenbei: wozu einen Regenschirm als Zeichen, wenn es angeblich direkt neben Witt noch einen weiteren Mann mit Funkgerät gab...?

Thema: Die längliche braune Papiertüte

Natürlich: auch Hesemann kommt an dieser blöden Tüte nicht vorbei (siehe Seite 83ff). Zunächst zur Erinnerungsauffrischung:

Oswald bittet am Donnerstag seinen Kollegen Frazier (der mit seiner Schwester in Irving drei Häuser weiter neben den Paines wohnt) ihn nach Feierabend mitzunehmen, statt wie gewohnt erst am Freitag zum Wochenende. Angeblicher Grund: Oswald wolle Gardinenstangen für seine Unterkunft in Dallas holen. Am nächsten Morgen steigt Oswald zu Frazier ins Auto und hat tatsächlich eine längliche, braune Papiertüte dabei, die er hinten auf die Rückbank legt. Fraziers Schwester beobachtet die Szene aus dem Küchenfenster heraus.
Im TSBD wird nach den Schüssen eine längliche, braune Papiertüte gefunden mit Ölresten des Gewehres und Teilabdrücken von Oswalds Fingern und Hand.
Problem: Frazier schätzte die Tüte auf eine Länge von ca. 60-70cm und seine Schwester auf eine Länge von ca. 70cm – zu kurz für das Gewehr im zerlegten Zustand. Die Papiertüte im TSBD war tatsächlich rund 20cm länger. Außerdem beschrieb Frazier die Tüte in der Form auch etwas schmaler. Und letztlich stören sich die Verschwörungstheoretiker inkl. Hesemann auch daran, dass niemand Oswald im Gebäude mit der Tüte gesehen haben will.

Also gut – schauen wir uns einfach mal die Alternativen an (etwas, was komischerweise Verschwörungstheoretiker gerne umgehen):

Wenn Oswald kein Gewehr in seiner Tüte mit sich führte, bleiben ja nur noch tatsächlich besagte Gardinenstangen. Warum sollte er sonst lügen? Dann haben wir allerdings folgende Probleme:
  • In seiner Unterkunft waren Gardinenstangen und sogar Gardinen selbst vorhanden.
  • Seiner Vermieterin hat er keinen darüber hinaus bestehenden Wunsch nach Gardinen oder deren Stangen erwähnt.
  • Ruth Paine hatte keine Gardinenstangen bei sich im Haus, noch war ihr das Thema in irgendeiner Weise bekannt.
  • Auch seiner Frau gegenüber hat Oswald keine Gardinenstangen erwähnt.
  • Und letztlich: wo ist denn dann besagte Tüte samt Stangen abgeblieben? Im Schulbuchlagerhaus wurde jedenfalls nur diese eine Tüte gefunden und keine Stangen.
Also stellt sich doch die Frage: wäre es nicht doch möglich, dass Frazier und seine Schwester sich in der reinen Schätzung der Länge um 20cm vertan haben? Frazier hat die Tüte zunächst nur kurz auf dem Rücksitz gesehen. In Dallas ging er dann einige Schritte hinter Oswald her, als dieser die Tüte in der Hand hielt. Doch gibt er selber zu, dass er mehr auf einige rangierende Züge geachtet habe. Und seine Schwester? Die sah Oswald nur kurz aus dem Küchenfenster heraus und in größerer Entfernung. Und vergessen wir darüber hinaus zwei Punkte nicht:
  1. Frazier und seine Schwester hatten mehr als genug Zeit, sich über das Thema zu unterhalten. Und ich meine damit kein direktes "Absprechen", aber durch eine Unterhaltung erfolgt mit Sicherheit eine gewisse gegenseitige Beeinflussung.

  2. Wenn man einen Gegenstand nur kurz sieht, ohne zu diesem Zeitpunkt schon zu wissen, dass man ihn Tage oder gar Wochen später exakt beschreiben soll – da halte ich eine solche Abweichung für durchaus plausibel.
Das es letztlich keine anderen Augenzeugen dafür gibt, wie Oswald mit der Tüte das Gebäude betreten hat, erachte ich als nicht aussagekräftig.

Thema: Die Anwesenheit mehrerer Schützen/Komplizen im Lagerhaus

Auf Seite 84 beschreibt Hesemann, was sich am Tatort im Schulbuchlagerhaus zwischen 12:15 Uhr und 12:30 Uhr zugetragen haben soll. Er beschreibt, wie mindestens zwei (ab Seite 86 sind es sogar deren drei) Attentäter (wohlgemerkt ohne Oswald) das Gebäude mit mindestens einem Gewehr betreten, Stellung bezogen und das Attentat durchgeführt haben wollen. Kein Wort jedoch davon, wie sie das Gebäude ungesehen wieder verlassen haben.

Vergessen wir mal einen Moment, dass sämtliche Zitate seiner angeblichen Zeugen hierfür falsch sind (siehe unten), finde ich noch einen Aspekt bemerkenswert: Noch wenige Zeilen vorher kritisiert Hesemann, dass niemand Oswald beim Betreten des Gebäudes mit der Papiertüte gesehen haben will. Nun jedoch ignoriert er völlig, dass niemandem zwei völlig fremde Männer mit einem – wenn auch wohl verpacktem – Gewehr während dem Betreten, dem Aufbauen und dem Verlassen aufgefallen seien sollen.

Thema: Officer Tippit

(S.89) "Man halte sich die Absurdität dieses Befehls vor Augen: Eine Viertelstunde nach der Ermordung des Präsidenten der Vereinigten Staaten, als die Polizei am Tatort jeden Mann brauchte, um – vier Minuten später – das Texas-Schulbuchlager zu umstellen, […], wurde ein fähiger Polizist in einen ruhigen Vorort abgestellt, in dem sich zu diesem Zeitpunkt gar nichts, rein gar nichts Verdächtiges ereignete."

Wie bereits schon erwähnt waren zur Absicherung des Präsidentenbesuchs rund 600 Beamte abgestellt. Dementsprechend standen mehr als genug Kräfte in Tatortnähe zur Verfügung, denn der Konvoi war zu diesem Zeitpunkt ja schließlich beendet. Tippit gehörte nun mal nicht dazu. Seine "normalen" Aufgaben an diesem Tag mussten schließlich auch erfüllt werden. Der Rest der Welt kommt deswegen ja nicht zum Erliegen. Polizeibeamte werden auch in anderen Stadtteilen gebraucht, Straftaten werden auch während des Präsidentenbesuchs begangen, andere Bürger brauchen auch zu diesem Zeitpunkt vielleicht polizeiliche Hilfe. Es hätte daher überhaupt keinen Sinn gemacht, einen einzelnen Streifenbeamten aus seinem Bereich abzuziehen. Und ganz nebenbei: man weiß ja schließlich vorab auch nicht, wie sich die weiteren Ereignisse (also auch eine Flucht) entwickeln. Und wie uns die Geschichte lehrte, war Tippit tatsächlich genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort – auch wenn dies für ihn tragisch endete. Daher zeigen die Formulierungen Hesemann's erneut nur seine Polemik auf.

Thema: Oswald im Kino

(S.93) "Jedenfalls erklärte Butch Burroughs1, der den Popcorn- und Getränkestand des Kinos betrieb, dem Autor Jim Marrs, Oswald habe kurz vor 13:15 Uhr ein Kinoticket gekauft und danach bei ihm eine Tüte Popcorn geholt. Das passt zu Earlene Roberts Aussage, Lee habe gegen 13:03 Uhr auf den Bus gewartet, der ihn tatsächlich bequem in vier oder fünf Minuten in die Nähe des Texas Theatres gebracht hätte. Sollte dies der Wahrheit entsprechen – und nichts spricht dagegen -, konnte Oswald den Polizisten nicht ermordet haben."

Es spricht allerdings einiges dagegen:
  • Zu Fuß hätte er es in der vorgegebenen Zeit nicht zum Texas Theatre schaffen können, wenn der angebliche Zeuge von "kurz vor 13:15 Uhr" spricht.
  • Earlene Roberts hat nie ausgesagt, Oswald habe "auf den Bus gewartet", vielmehr sagte sie, Oswald "in der Nähe der Bushaltestelle" gesehen zu haben. Das ist ein Unterschied.
  • Niemand hat sich zu einem späteren Zeitpunkt gemeldet, der Oswald in einem Bus dort gesehen haben will – weder ein Fahrgast noch ein Fahrer. Angesichts der relativ abgelegenen Örtlichkeit (im Wohnviertel Oak Cliff) und der Ereignisse dieses Tages inkl. der Tatsache, dass Oswald die ganzen nächsten Tage im Fernsehen zu sehen war, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass ihn niemand bei seiner Busfahrt gesehen haben will. Darüber hinaus wurde bei ihm auch kein entsprechendes Busticket gefunden.
  • Ich kenne die Aussage des Zeugen gegenüber dem Autor Marrs nicht. In seiner offiziellen Erklärung gegenüber der Warren-Kommission sagte er jedoch, Oswald beim Betreten des Kinos nicht bemerkt zu haben, geschweige denn ihm Popcorn verkauft zu haben.
  • Die Äußerungen von Burroughs würden in diesem Fall nicht nur von seiner eigenen Zeugenaussage abweichen, sondern auch von denen seiner Kollegin Postal1. Denn wer hätte ihm denn das Ticket sonst verkauft haben sollen?
  • Oswald hatte bei seiner Festnahme im Kino kein Ticket bei sich.
  • Oswald hatte bei seiner Festnahme im Kino kein Popcorn bei sich.

Letztlich sollte man sich auch mal nach dem Sinn dieser ganzen angeblichen Aktion im Kino – wie Hesemann sie beschreibt – fragen. Er kolportiert ja auch hier einen wie auch immer gesteuerten Vorgang, erklärt ihn jedoch nicht weiter. Alles in allem in keiner Weise nachvollziehbar.

Thema: Das "gefälschte" Gewehrfoto

(S.97ff) Das muss man sich mal überlegen: da streiten fast 60 Jahre später immer noch Menschen über die Frage der Echtheit dieses Fotos. Eines sollte doch wohl selbst dem Laien klar sein: 1963 dürfte kaum jemand in der Lage gewesen sein, ein Foto derart zu manipulieren, dass man dies mit der Technik von heute immer noch nicht erkennen würde. Wer anderer Meinung ist, sollte hier mal reinschauen: (Belastendes Foto ist nicht gefälscht).

Thema: Die Ermordung Oswald's durch Ruby

(S.101) Hesemann behauptet einfach, Ruby sei gegen 8:00 Uhr vor dem Polizeirevier aufgetaucht. Tatsächlich gibt es zwei Zeugen hierfür. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Zeugen dafür, dass Ruby sein Haus nicht vor 11:00 Uhr verlassen hatte. Dies deckt sich auch mit Ruby's eigenen Angaben. Erste Zeugen kannten Ruby bis dahin gar nicht und waren sich auch nicht sicher. Darüber hinaus waren sie mit anderen Dingen beschäftigt. Daher folgte man in der Untersuchung der plausibleren Version. Trotzdem war es Hesemann einige Zeilen wert. 
Was jedoch viel wichtiger ist und was Hesemann mit keiner einzigen Zeile erwähnt: Ruby hat nachweislich - und mir wäre auch nicht bekannt, dass dies bisher irgendjemand je bestritten hätte - um 11:21 Uhr in einem Gebäude zwei Häuser weiter eine Überweisung getätigt. Dabei handelte es sich um einen in seiner Höhe unwesentlichen Betrag für eine seiner Angestellten. Zur gleichen Zeit befand sich sein geliebter Hund Sheba auf sein Herrchen wartend in dessen Auto. Nur vier Minuten später erschießt er schließlich Oswald - und dies zu einem Zeitpunkt, als dieser bereits seit über einer Stunde hätte verlegt sein sollen. 
Ich sehe da einfach keine Möglichkeit, wie sich dies als "geplanter Vorgang" plausibel erklären lassen sollte. Und dies mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass es kaum einen Sinn macht, einen potentiellen Zeugen erst zum Schweigen zu bringen, nachdem er bereits 48 Stunden verhört wurde.

Hesemann schreibt weiter: "Aus dem »Sündenbock« war ein Opferlamm geworden. [...] und darauf, den Mann, der JFK nicht erschossen hat, zum Schweigen zu bringen."
Und was wurde dann aus Ruby...? Will heißen: wie definiert sich denn nun die Rolle Ruby's in dieser großen Verschwörung? Und wer kümmert sich nun darum, dass dieser nicht nun derjenige ist, der vielleicht plaudert?

(S.111) "Jahre später enthüllte der CIA-Vertragsagent John Martino1, weshalb Ruby Oswald ermordete: »Die Anti-Castro-Leute hatten Oswald benutzt. Oswald wusste nicht, für wen er arbeitete - er war einfach nicht informiert worden.«"

Hier bin ich dann gleich doppelt verwirrt:
  • Wenn Oswald nicht wusste, für wen er arbeitet, warum muss ich ihn dann zum Schweigen bringen und damit erst "schlafende Hunde wecken"? Insbesondere, da ich ihn ja damit nun durch eine Person ersetzte, die angeblich wesentlich besser informiert war und somit auch noch mehr auszuplaudern gehabt hätte.
  • Jetzt waren es plötzlich "die Anti-Castro-Leute". Dabei hatte doch die Operation "Mongoose", welche unter Kennedy ins Leben gerufen wurde, den Sturz von Castro zum Ziel. Was sollten also die Anti-Castro-Leute für ein Motiv haben?

Thema: Die seltsame Geschichte des Roscoe White1

Ab Seite 146 beschreibt uns Hesemann die angebliche Geschichte von Roscoe White, einem der angeblich tatsächlichen Schützen. Der Journalist und Kennedy-Forscher David B. Perry1 machte sich ab Juli 1990 daran, diese Story zu erforschen (Who Speaks for Roscoe White?). Nach monatelanger Arbeit, der Durchsicht vieler Unterlagen und der Befragung von 36 Zeugen musste er schließlich feststellen, dass es sich schlichtweg um einen Schwindel handelte. Hauptantrieb war wohl der Versuch, die Geschichte für 250.000$ an Oliver Stone zu verkaufen, was jedoch misslang.
Obwohl längst klar widerlegt bezeichnet Hesemann diese Geschichte lediglich als "stark umstritten".

Thema: Hesemann widerspricht sich selbst

Man möchte fast aufschreien: WIE DENN NUN …? Hier ein Beispiel:

Auf Seite 85 erklärt uns Hesemann zunächst, dass sich Oswald zum Zeitpunkt der Schüsse bzw. unmittelbar davor auf jeden Fall in der Cafeteria aufgehalten haben muss.
Dann plötzlich, nur wenige Zeilen später, stellt er die Möglichkeit in den Raum, Oswald habe sich im Kreise anderer Kollegen direkt vor dem Hauptportal befunden, wo er auch fotografiert wurde. Nun gibt es eine offizielle Version für die Oswald ähnelnde Person auf dem Bild: es handelt sich um den Mitarbeiter Billy Lovelady1. Doch während dieser selbst bestätigt, die Person auf dem Bild zu sein, und dies ebenfalls seine Kollegen bestätigen, versucht Hesemann nun, seine eigene Theorie zu widerlegen. Er begründet eindringlich seine Zweifel an der Möglichkeit, dass es sich um Lovelady handeln kann und impliziert damit, es sei doch Oswald gewesen. Nun müsste sich Oswald – den verschiedenen Theorien zufolge – aber an inzwischen drei(!) Orten gleichzeitig aufgehalten haben: Im fünften Stock als Schütze, im ersten Stock während einer Pause und vor dem Haupteingang im trauten Kreis der Kollegen.
Man hat im Buch einfach mehrfach das Gefühl, Hesemann sucht gar nicht unbedingt etwas, was seine eigene Theorie unterstützt – Hauptsache es widerspricht der offiziellen Version. Selbst, wenn es sich dabei gegenseitig widerspricht...

Ein weiteres Beispiel:

(S.88):
"Doch als Einzeltäter durfte Lee Harvey Oswald keine Komplizen haben […]"

Ganz genau – ein Punkt, den ich immer wieder anspreche:
Ich kann doch nicht auf der einen Seite Oswald als gestörten Einzeltäter aufzubauen versuchen und gleichzeitig mit einem Team von angeblich bis zu 11 Leuten und mehreren Schützen vor Ort agieren. Der auf Seite 88 aufgeführte Vorgang mit den angeblichen Komplizen, die Oswald abgeholt haben wollen, ist da sogar noch das kleinste Problem.
Also bitte: entweder Oswald als Einzeltäter aufbauen, oder im großen Team auftreten – beides geht nicht!

Ein anderes Beispiel:

An verschiedenen Stellen im Buch unterstellt er Vizepräsident Johnson eine Beteiligung an der Verschwörung zur Ermordung Kennedys.
 
(S.195): "Johnson wusste, dass es eine Verschwörung war, aber ihm war auch klar, dass er als Mitwisser und Gewinner selbst unter Verdacht stand."
Dafür zitierte er dann auch Ruby (S.110): "[...] Nur einer wusste es zu diesem Zeitpunkt, und das war Johnson, der schon Wochen vorher wusste, was geschehen würde. [...] Der einzige, der von den Schüssen profitierte, war Johnson, [...] Johnson hat alle zum Narren gehalten. In der gesamten Geschichte der USA wurde nie ein Präsident mit dem Background Johnsons gewählt."

Dann zitiert er jedoch Ruby mit den Worten: "Ich bin die einzige Person, die die Hintergründe, die Wahrheit kennt." (S.109). Angesichts einer angeblich großen Verschwörung wäre diese Aussage allein ja schon mal merkwürdig.
Aber weiter sagte Ruby. "Es könnte noch nicht zu spät sein, was immer auch geschieht, wenn unser Präsident, Lyndon Johnson, von mir die Wahrheit erfährt."
Als angeblicher Hauptverschwörer sollte Johnson ja eigentlich die "Wahrheit" kennen. Und wenn Ruby wiederum daran beteiligt war, müsste ihm dieser Umstand auch klar gewesen sein.  

Und noch ein Beispiel:

(S.202) "Dabei wurde er [Kennedy][...] durch großzügige Spenden von der Mafia gestützt, die ihm durch Frank Sinatra überbracht wurden."

(S.204) "Die Paten, die in Joe Kennedys Söhnen ihre Verbündete sahen und sie tatkräftig bei der Wahl unterstützt hatten, fühlten sich verraten."

Doch wozu sollte Kennedy denn die "Unterstützung" der Mafia brauchen? Hesemann schreibt doch selbst auf Seite 196: "»Drei Dinge braucht man, um eine Wahl zu gewinnen: Das erste ist Geld, das zweite ist Geld und das dritte ist mehr Geld«, […]"
Doch davon hatten die Kennedys doch mehr als genug. Also entweder brauchte Kennedy entsprechende Unterstützung, oder eben nicht. Hesemann sollte sich nur einfach mal entscheiden.

Thema: Sonstige Fehler

Falsch: (S.23) "Ihr erster Besuch galt Houston und der Hauptstadt San Antonio, […]"

Richtig: Die Hauptstadt von Texas ist Austin.

Falsch: (S.24) "[…] sowie, durch eine plötzliche Änderung der Positionierung ganz am Ende, der Wagen mit der Presse. Er trug noch den Aufkleber »5«, denn ursprünglich sollte er direkt hinter Johnsons Wagen an fünfter Stelle fahren. Das verhinderte später, dass die Reporter und Fotografen zu unmittelbaren Zeugen des Attentates wurden."

Richtig: Es gab keineswegs nur "den Wagen mit der Presse", sondern ganze drei Fahrzeuge für Pressefotografen und zwei Pressebusse. Die Nummerierungen gab es nur für diese Fahrzeuge der Presse und hatte nichts mit der Reihenfolge innerhalb der ganzen Fahrzeugkolonne zu tun. Es ist nicht mehr zu rekonstruieren, wer je behauptet hätte, dieses eine Fahrzeug der Presse hätte ursprünglich an 5. Stelle fahren sollen. Doch würde dies auch gar nichts geändert haben. Der Abstand der Fahrzeuge war deutlich größer als die Strecke vom Tatort bis zur Houston Street. Somit wäre ein direkter Blick auf das Geschehen zum Zeitpunkt der Schüsse also auch von der fünften Position aus nicht möglich gewesen. Die Formulierungen Hesemann's sind also erneut reine Polemik.

In diesem Zusammenhang taucht später noch ein weiterer Fehler auf: Hesemann führt auf Seite 38 den Reporter des »Fort Worth Star-Telegram« Ed Johnson1 als potentiellen Zeugen auf und kritisiert, dass dieser nicht von der Warren-Kommission vorgeladen und entsprechend auch nicht zu jenen gezählt wurde, die die Schüsse vom Bretterzaun aus wahrgenommen haben wollen. Aber hatte Hesemann nicht gerade noch behauptet, die Presse sei an das Ende des Konvois verbannt worden, damit sie eben keine Zeugen sein konnten? Johnson selbst schrieb in einem Artikel auch nur, dass "[…] einige von uns [...]"entsprechende Wahrnehmungen gemacht haben wollen. Er schrieb also gar nicht ausdrücklich von sich selbst. Wie sollte er auch: der Pressewagen befand sich zu diesem Zeitpunkt ja noch auf der Houston Street.

Falsch: (S.34) Zum Zapruder-Film: "An einer Stelle ist deutlich ein Mann zu erkennen, der ein Gewehr im Anschlag hält und auf Kennedy zielt!"

Richtig: Also wenn man mir diesen Gewehrmann zeigen kann, konvertiere ich sofort und predige ab sofort "Verschwörung"! Diese Behauptung Hesemann's ist einfach eine Frechheit. Bezeichnend hierfür auch: Auf Seite 146 beschreibt er das selbe Bild plötzlich nur noch als "schemenhafte Umrisse".

Falsch: (S.34) Zum Orville Nix-Film: "[…] Im Hintergrund erkennt man nicht nur den »Black Dog Man«, sondern auch einen Lichtblitz zu seiner Rechten, der von der Mordwaffe stammen könnte […]."

Richtig: Auf dem Nix-Film erkennt man rein gar nichts! Nix hatte vergessen, den richtigen Lichtfilter zu verwenden und der gesamte Bereich oberhalb des Grashügels ist einfach nur schwarz. An diesem Bild haben sich viele Experten im Laufe der Jahre versucht. Das Problem: in der Filmschicht gibt es riesige sogenannte "Eisenbrocken". Wenn man dann auf der Vergrößerung etwas "sehen" will, dann gleicht das bestenfalls einem Rorschach-Test. Versuche haben gezeigt: hätte Nix tatsächlich die richtigen Einstellungen vorgenommen, wäre in der Tat der gesamte Bereich des Bretterzaunes klar erkennbar gewesen. Hatte er aber nunmal nicht...

Falsch: (S.44) "[…], der anderthalb Minuten nach dem Attentat im zweiten Stock des Texas-Schulbuchlagers seine Cola genoss."
(S.85) "Keine zwei Minuten nach dem Attentat wurde er in eben dieser Cafeteria von dem Streifenpolizisten Marrion L. Baker gestellt. Er hatte sich gerade am Automaten eine Coca-Cola gezogen, und war jetzt dabei, sie seelenruhig zu trinken."

Richtig: Als der Polizist Baker auf Oswald traf, war dieser erst im Vorraum und auf dem Weg in Richtung der Cafeteria. Er hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Getränkedose in der Hand.

Falsch: (S.82) "Am Montag, den 14. Oktober, fuhr Frau Paine mit Oswald in die Stadt, um ihm eine kleine Wohnung zu mieten. Zudem meldete er sich auf dem Arbeitsamt als Arbeitssuchender. Das allerdings wäre gar nicht nötig gewesen, denn am selben Tag hatte Frau Paine einen Job für ihn gefunden. Einen Tag später, am 15. Oktober 1963, sollte Oswald […] im Texas-Schulbuchlager anfangen."

Richtig: Frau Paine hatte Oswald nicht mit nach Dallas genommen, um ihm eine kleine Wohnung zu mieten. Sie nahm ihn nur mit, weil sie zufällig nach Dallas musste. Oswald hatte zu diesem Zeitpunkt eine Unterkunft, entschloss sich aber zu einem Umzug in ein besseres Zimmer. Auch hatte sie keineswegs am 14. Oktober einen Job für Oswald gefunden. Sie sprach erst an diesem Abend mit ihrer Nachbarin über Oswald, die sie auf eine mögliche Stelle im TSBD hinwies. Sie machte am 15. ein Vorstellungsgespräch für Oswald für den gleichen Tag aus und dieser nahm schließlich am 16. Oktober seine Arbeit auf.

Falsch: (S.91) "Auch der Ballistik-Experte des FBI-Labors, Courtlandt Cunningham1, stellte vor der Warren-Kommission kategorisch fest, dass keine der vier aus Tippits Leiche entfernten Kugeln aus dem Revolver abgefeuert wurde, den man Lee Harvey Oswald abgenommen hatte."

Richtig: Die Aussage von Cunningham ist extrem lang und technisch kompliziert. In der Tat hatte Oswald für seinen Revolver unterschiedliche Munition benutzt und davon jeweils auch noch welche in seiner Jacke. Ein Teil dieser Munition war ursprünglich nicht für diesen Revolvertyp gedacht, kann aber sehr wohl (entgegen einer gegenteiligen Aussage Hesemann's einige Sätze zuvor) auch vom Tatrevolver abgefeuert werden. Alle gefundenen Patronenhülsen konnten vom Experten ausdrücklich Oswalds Revolver zugeordnet werden. Aus Gründen der falschen Verwendung der Munition konnte der Experte die aus dem Körper entnommenen Kugeln nicht ohne jeden Zweifel der Tatwaffe zuordnen. Sie wiesen aber sehr wohl Merkmale auf, die durch die Tatwaffe entstanden sein können und mit dieser übereinstimmen.
Fazit durch Cunningham:
  • Alle aufgefundenen Patronenhülsen konnten Oswalds Waffe zugeordnet werden.
  • Die aus Tippits Leiche entfernten Kugeln haben Übereinstimmungen mit der Tatwaffe, können aber aus rein technischen Gründen nicht ausschließlich der Tatwaffe zugeordnet werden.
Dementsprechend ist Hesemann's Formulierung, Cunningham hätte die Kugeln "kategorisch ausgeschlossen", absolut falsch!

Falsch: (S.92) "Kaum war er oben, so die Zeugin, fuhr ein Streifenwagen vor dem Haus vor."

Richtig: Bei der von Oswald bewohnten Pension handelt es sich um einen Bungalow. Oswalds Zimmer befand sich also im Erdgeschoss und ein "oben" gab es dementsprechend nicht.

Falsch: (S.92): "Auf dem Jefferson Boulevard befindet sich noch heute das Texas Theatre, ein kleines Kino. Gegenüber befand sich Hardy's Shoe Shop, ein Schuhgeschäft. […] Dann lief er zum Texas Theatre herüber […]. Brewer verließ sein Geschäft, kreuzte die Straße […]."

Richtig: Das "Texas Theatre" und "Hardy's Shoe Shop" befanden sich auf derselben Straßenseite des Jefferson Boulevard, wenige Eingänge voneinander entfernt. Dementsprechend ist auch niemand "herüber gelaufen" und Brewer1 hatte auch nicht "die Straße gekreuzt".

Falsch: (S.95) "Ein weiteres Beweisstück, die Tüte, in der er angeblich das Gewehr in das Gebäude geschmuggelt hatte […], wies keinerlei Spuren des Transportes auf: weder Ölreste von der Waffe […]. Sie wurde daher bald im Labor auseinandergenommen und praktisch vernichtet."

Richtig: Sebastian F. Latona1 von der Abteilung für Fingerabdrücke des FBI-Labors hatte sehr wohl nicht nur einen Handabdruck, sondern auch noch einen Fingerabdruck von der Tüte nehmen können. Experten des FBI und der Stadtpolizei identifizierten sie eindeutig als die von Oswald. Darüber hinaus konnten an der Tüte auch noch Fasern der Decke sichergestellt werden, in die das Gewehr ursprünglich im Hause der Paines eingewickelt war. Das die Tüte letztlich "praktisch vernichtet" wurde, ist grundsätzlich zwar richtig. Dies war jedoch das Resultat aus den Probeentnahmen und anderen Laboruntersuchungen. Insbesondere hatte das Material dadurch seine Farbe verloren und hätte somit auch z.B. für eine rechtsgültige Identifizierung durch Zeugen nicht mehr benutzt werden können.

Falsch: (S.96) "Immerhin hatte Deputy Craig1 sogar den Schriftzug der Firma Mauser auf der Waffe lesen können."

Richtig: Deputy Craig hatte die Waffe zu keinem Zeitpunkt überhaupt zu Gesicht bekommen, geschweige denn, dass er einen Schriftzug hätte lesen können. Aus seinen Aussagen gehen solche Äußerungen auch gar nicht hervor.

Tatsache ist: Oswald's Carcano hatte einen 6,5mm-Lauf, obwohl sie dem Aussehen nach ein 7,35mm Gewehr zu sein schien. Die Waffe lag am Fundort mit dem Abzug nach oben hinter einem Stapel Kartons. Es gibt Fotos, auf denen die Auffindung des Gewehres dokumentiert wird und auf denen klar das Carcano-Gewehr zu sehen ist. Es war Deputy Sheriff Weitzmann1, der einen kurzen Blick von oben auf die Unterseite des Gewehres warf, ohne es in die Hand zu nehmen, und sich äußerte, es sähe wie eine "Mauser" aus. Allein diese Äußerung führte zu entsprechenden Verwirrungen.

Die Ausführungen Hesemann's auf Seite 96 bezüglich der Ausbildung und Fähigkeiten texanischer Polizisten ist absolut unsachlich und erneut als reine Polemik zu bewerten.

Falsch: (S.100) "[…] und bat die Behörden, mit einem Anwalt reden zu dürfen. Dieses Grundrecht eines Rechtsstaats war ihm bislang verwehrt worden."

Richtig: Oswald erhielt bereits vor der ersten Verhörstunde am Freitagnachmittag die standardisierte Aufklärung u.a. mit dem Hinweis auf das Recht der Hinzuziehung eines Anwalts. Dies geschah erneut zweimal nach den jeweiligen Anklageerhebungen im Mordfall Tippit und Kennedy durch Friedensrichter Johnston. Noch am gleichen Tag wurde er von Vertretern der "American Civil Liberties Union" aufgesucht. Oswald bestand auf die Vertretung durch den New Yorker Anwalt John Abt1, den er jedoch mehrfach vergeblich versucht hatte, telefonisch zu erreichen. Zwischenzeitlich hatte in seinem Auftrag auch Ruth Paine dies erfolglos versucht. Schließlich schlug Oswald auch noch das Angebot des Präsidenten der Anwaltsvereinigung von Dallas, H. Louis Nichols1, aus. Oswald bestand weiterhin auf John Abt, den er jedoch auch im Verlauf des Sonntagvormittags nicht erreichte.

Diese Vorgänge sind plausibel dokumentiert und wurden von allen beteiligten Personen entsprechend bestätigt. Es ist mir daher nicht nachvollziehbar, warum trotzdem immer wieder gegenteilige Behauptungen aufgestellt werden. Keine einzige Verschwörungstheorie wird dadurch in irgendeiner Weise glaubwürdiger.

Falsch: (S129) "Der Zapruder-Film zeigt, wie der tödliche Schuss den Kopf des Präsidenten ruckartig nach hinten und in die linke Ecke seiner Sitzbank reißt. Er muss also von vorne gekommen sein."

Richtig: Es gibt gleich drei Gründe, warum dies keineswegs so sein muss:
  1. Bei einer solchen Beschießung kann es zu einem Austrittsrückstoss kommen. Dies wurde eindrucksvoll bei Schussversuchen demonstriert. In diesem Fall bewegte sich eine Wassermelone tatsächlich in die Richtung, aus der der Schuss kam.
  2. Die hintere Rückenmuskulatur ist die Stärkere. Bei einer entsprechenden Nervenreizung reagiert sie entsprechend und der Körper wird von ihr nach hinten gerissen.
  3. Punkt 1. und 2. sind zwar der wahrscheinlichere Ablauf. Ausschlaggebend ist jedoch Punkt 3: Bei einer solch massiven Schädigung des Nervensystems lässt sich eine konkrete Reaktion des Körpers gar nicht exakt vorhersehen. Letztlich lässt also bei einer Kopfverletzung die Reaktion des Körpers kaum einen echten Rückschluss auf die Schussrichtung zu.

Falsch: (S.143) "Nicht einer traf dabei die Kopfregion des Zieles."

Richtig: Ich war bei diesen Versuchen nicht dabei, ebenso wenig wie Herr Hesemann. Aber die Warren-Kommission schreibt diesbezüglich: "Fünf von sechs Schüssen trafen das dritte Ziel [...]. Auf Grund dieser Ergebnisse bezeugte Simmons [von der Prüfstelle für Infanteriewaffen der US-Arme] dass seiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, die Ziele auf eine relativ kurze Entfernung, wie in diesem Fall, zu treffen, sehr hoch war."

Zum Thema der Qualität der Waffe selbst sollte man sich diesen Artikel einmal durchlesen.

Falsch: (S.143) "Den eindeutigen Beweis dafür, dass tatsächlich mehr als drei Schüsse abgefeuert wurden, [...], erbrachte 1979 der Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses."

Richtig: Durch eine technische Fehlfunktion wurden die Geschehnisse rund um den Tatzeitpunkt vom Mikrophon eines Polizeimotorrades an ein Revier weitergegeben und dort aufgezeichnet. Zu hören waren jedoch nicht die Schüsse selbst, sondern nur so genannte "Impulsmuster", welche mit Gewehrschüssen verglichen wurden. Heute wissen wir jedoch, dass dieses Gutachten absolut unbrauchbar war. Inzwischen konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass besagte "Impulsmuster" wohl unabhängig von Schussgeräuschen entstehen und auch an Stellen auf dem Band vorhanden sind, als noch gar keine Schüsse auf der Dealey Plaza gefallen waren. Weiterhin stellte sich auch heraus, dass das besagte Motorrad, welches die Aufnahmen gemacht haben soll, zum Zeitpunkt der Schüsse noch gar nicht auf den entsprechenden Positionen gewesen sein konnte. Was also vom Untersuchungsausschuss blieb, war zwar viel Kritik an der Vorgehensweise der Warren-Kommission - insbesondere im Umgang mit dem Beweismaterial - , aber darüber hinaus folgte der Ausschuss den Ergebnissen im Wesentlichen. 

Falsch: (S.189) "Wie gesagt, liegt Tyler 75 Minuten von der Dealey Plaza entfernt. Bush rief exakt 75 Minuten nach dem Attentat beim FBI an."

Richtig: Die kürzeste Verbindung von der Dealey Plaza nach Tyler beträgt 93 Meilen. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt 65 Meilen/Std. Somit hätte er bereits netto schon rund 86 Minuten gebraucht. 

Tyler liegt östlich von Dallas, die Dealey Plaza am westlichen Stadtrand. Somit hätte er also zuerst noch das Stadtzentrum von Dallas durchfahren müssen, bevor er auf die zugelassene Höchstgeschwindigkeit hätte beschleunigen können. Hinzu kommt noch, dass Bush ja laut Hesemenn noch kurz nach den Schüssen an der Dealey Plaza gesehen worden sein soll. Also bedürfte es ja auch noch einen Zeitraum von den Schüssen über die Reaktion bis zum Erreichen eines bestenfalls in der Nähe geparkten Fahrzeuges. Selbst unter optimalen Bedingungen wäre diese Strecke somit nicht unter gut 100 Minuten machbar gewesen, womit sich wieder eine von Hesemann's Argumentationen in Luft auflöst.

Falsch: (S.203) "Seine Rede schloss er mit den berühmten Worten: »Frag nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern was Du für Dein Land tun kannst.«"

Richtig: Offensichtlich hat Hesemann diese "berühmte Rede" noch nicht gelesen, sonst wüsste er, dass diese Aussage zwar in der Rede vorkommt, sie jedoch keineswegs den Abschluss bildet. 

Falsch: (S.203) "[...]und, ein Jahr später, der Kuba-Krise. Für sechs Tage stand die Welt am Abgrund,[...]"

Richtig: Die Kuba-Krise dauerte dreizehn Tage, nicht sechs.

Fazit bezüglich der Fehler:

Natürlich sind einige dieser Fehler nebensächlich und lassen sich vielleicht auch erklären. Doch zeichnen sie in der Summe ein deutliches Bild von Hesemann's Arbeitsweise. Auch werfen sie insbesondere kein gutes Licht auf seine journalistische Glaubwürdigkeit. Das zeigt sich verstärkt auch nochmal in den folgenden angeblichen Zeugenaussagen.

Thema: Aufgeführte Zeugenaussagen

Offensichtlich muss man bei Herrn Hesemann sehr vorsichtig bezüglich seiner aufgeführten Zeugenaussagen sein. Denn einer genaueren Überprüfung halten diese meist nicht stand. Schauen wir uns das doch mal genauer an:

Jean Hill1 (S.28):

"»Ich sah, wie ein Mann hinter dem Bretterzaun eine Waffe abgefeuert hat […] Das war der Mann, der den Präsidenten erschossen hatte. Er musste gefasst werden. [...]«"

Jean Hill beschrieb tatsächlich einen Mann, den sie zu einem Zeitpunkt nach den Schüssen hinter dem Bretterzaun gesehen haben will.
Hier der Originalwortlaut ihrer Aussage (in Übersetzung):

F: Haben Sie zu dieser Zeit eine Waffe gesehen?
A: Nein Sir, ich sah ihn nur zu drei Vierteln.
F: Konnten Sie zu dieser Zeit beide Hände sehen?
A: Nein
F: Konnten Sie damals eine seiner Hände sehen?
A: Nein, ich kann mich nicht daran erinnern, jemals seine Hände gesehen zu haben.
[…]
F: Und haben Sie eine Erinnerung daran, eine Waffe in einer seinen Hände gesehen zu haben?
A: Nein, ich habe die ganze Zeit keine Waffe gesehen.

Paul Landis1 (S.28):

In diesem Fall schreibt er zunächst: "Tatsächlich hatten Dutzende Zeugen gesehen, dass vom Grashügel aus auf Kennedy geschossen wurde." Dann zitiert er den Agenten Paul Landis jr.1:
"»Mein Eindruck war damals, dass die Schüsse von vorn kamen.«"
Also ich bin ja der Meinung, dass es sehr wohl ein Unterschied ist, ob ich etwas "gesehen" habe, oder von etwas nur einen "Eindruck" hatte.

James Thomas Tague (S.28):

"Er hatte sich auf dem Boden geduckt, als der letzte Schuss den Asphalt zersplitterte, und einer der Splitter traf sein Gesicht. Dabei war er in die Hocke gegangen, als ihm klar wurde, dass die Schüsse von hinten kamen: […]"

Auch an dieser Beschreibung stimmt fast gar nichts. In Wirklichkeit sagte Tague aus:
  • Er habe am Pfosten der Dreifachunterführung gestanden, als die Schüsse fielen. Wie sollen denn da Schüsse "von hinten" gekommen sein?
  • Er habe sich geduckt, nachdem der dritte Schuss gefallen sei.
  • Er habe die Verletzung erst später bemerkt, als er mit dem Polizisten sprach. Somit kann er gar nicht sagen, welcher der drei Schüsse ihn getroffen hatte.
Ganz nebenbei ist an dieser Aussage interessant, dass Hesemann sie zwar völlig falsch verwendet, wenn es um die Richtung der Schüsse geht, sie aber beim Thema der Anzahl der Schüsse wieder ignoriert. Denn Tague spricht ganz klar von drei Schüssen. Dieses "Phänomen" wird uns aber noch öfter begegnen.

John Chism1 (S.29):

"Zumindest der dritte, tödliche Schuss, so waren sich die Chism's sicher, »kam aus der Richtung hinter uns«, also von der Hügelkuppe."

Tatsächlich sagte Chism jedoch:

"Als er den zweiten Schuss hörte, wusste er definitiv, dass der erste kein Feuerwerkskörper war und war der Meinung, dass die Schüsse von hinten kamen."

Auch er war also nur "der Meinung" und sprach nie davon, sich "sicher" zu sein. Darüber hinaus haben wir hier gleich den nächsten Kandidaten, den Hesemann zwar zunächst aufführt, seine Aussage bezüglich der Anzahl der Schüsse aber wieder ignoriert. Tatsächlich sagte Chism nämlich in derselben Vernehmung:

"Als es vor ihm vorbeifuhr [das Präsidentenfahrzeug], hörte er wohl zwei Schüsse und möglicherweise drei, aber nicht mehr." In diesem Punkt war er nicht nur der Meinung, sondern sagte ganz klar: "… aber nicht mehr".

William Eugene Newman1 (S.29):

"[…], als er von der Seite in den Kopf geschossen wurde."

Bei der Schussrichtung ist nun plötzlich "von der Seite" die Rede, nicht mehr von "vorn". Das würde aber voraussetzen, dass die Kugel den Schädel Kennedys in Flugrichtung Nord>Süd durchschlagen hätte, was nun mal nicht stattgefunden hat, wie wir wissen.

Der kleine "Irrtum" lässt sich aber auch hier schnell aufklären, wenn man sich die tatsächliche Aussage Newmans von diesem Tage anschaut:

"[…] und ich schaute ihn direkt an, als er in die Seite des Kopfes getroffen wurde."

Man sieht den Unterschied? Also nicht "von der Seite in den Kopf", sondern "in die Seite des Kopfes". Und auch Newman beschreibt nur drei Schüsse, seine Frau spricht sogar nur von zwei Schüssen!

Abraham Zapruder (S.29):

"Auch er war überzeugt, dass die Schüsse »von hinter mir kamen«, also vom Grashügel."

Die tatsächliche Aussage sah jedoch auch hier etwas anders aus:

F: "Hatten Sie einen Eindruck davon, aus welcher Richtung diese Schüsse kamen?"
A: "Nein, ich dachte auch, sie kamen von hinten. Natürlich kann man nicht sagen, woher sie genau kamen, es könnte von überall sein, aber da ich hier war und er auf dieser Linie getroffen wurde und er direkt in den Kopf getroffen wurde - ich sah es hier herum, also sah es so aus, als ob sie von hier kamen, sie könnten aber auch von dort kommen sein." 
Zapruder deutete während seiner Aussage auf ein Bild der Dealey Plaza und dort auf verschiedene Punkte, von denen seiner Meinung nach die Schüsse gekommen sein konnten. Und welch' Überraschung: auch Zapruder ging von maximal drei Schüssen aus.

Emmet Joseph Hudson1 (S.30):

"Hudson erklärte dem Sheriffs-Department an Eides statt: »Ich hörte mindestens drei Schüsse. […]«"

Auch hier hat Hesemann eine "Kleinigkeit" zu seinen Gunsten verändert. Denn tatsächlich sagte Hudson nicht das Wort "mindestens", sondern "definitiv".

"Die Schüsse, die ich hörte, kamen alle von hinter mir und etwas von oberhalb. […]"

Auch das hatte Hudson nicht ganz so gesagt. Richtig müsste es heißen:

"[…], dass der Schuss von oben kam und irgendwie von hinten."

Dazu sollte man noch wissen, dass Hudson zunächst auf der Treppe saß und zum Zeitpunkt des dritten und letzten Schusses (richtig: auch er spricht ausdrücklich nur von drei Schüssen!) auf dem Boden lag.

James Simmons1 (S.32):

Nächster Zeuge, gleiches Problem: Hesemann listet ihn zwar ganz nebenbei mit auf, wenn es ihm um besagte "Rauchwolke" geht, unterschlägt dabei jedoch erneut, dass auch Simmons klar von drei Schüssen gesprochen hat und sogar meinte, sie seien vom Schulbuchlagerhaus gekommen.

Richard Dodd1 (S.32):

Dodd gehört wie Simmons zu jenen Gleisarbeitern, die sich auf der Eisenbahnbrücke aufhielten. Doch im Gegensatz zu Simmons ist bei seiner Aussage kein Wort von einer "Rauchwolke" die Rede. Trotzdem führt Hesemann ihn diesbezüglich mit auf.

Austin Miller1 (S.32):

Miller sagte am Tag des Attentats aus:

"Ich sah etwas, von dem ich dachte, dass Rauch oder Dampf von einer Gruppe von Bäumen nördlich der Elm Street bei den Eisenbahngleisen aufsteigt."

Bei seiner eigentlichen Vernehmung am 08. April 1964 war von diesem "Rauch oder Dampf" keine Rede mehr. Dagegen gehört auch Miller wiederum zu jenen Zeugen, die stets von drei Schüssen sprachen.

Walter Luke Winborn1 (S.32):

Richtig ist, dass auch er sich auf der Eisenbahnbrücke befand. Doch auch in seiner Aussage findet sich kein Wort von besagter "Rauchwolke". Sicher ist er sich im Bezug auf die Anzahl der Schüsse: drei! Auf die Frage, ob er sich an irgendwelche Aktivitäten im Bereich hinter dem Bretterzaun erinnere, verneinte er dies.

Thomas Murphy1 (S.32):

Der Letzte der angeblichen "Rauchwolken"-Zeugen. Doch welch' Überraschung: auch in seiner Aussage findet sich kein Wort darüber. Auch er verneinte die Frage nach ungewöhnlichen Aktivitäten hinter dem Bretterzaun. Bei der Anzahl der Schüsse sprach er sogar nur von deren zwei.

Gordon Arnold1 (S.32):

Spätestens jetzt wird es ganz verrückt: Gordon Leslie Arnold gab es tatsächlich. Er wurde am 14. August 1941 In Dallas geboren und verstarb auch dort am 11. Oktober 1997. Trotzdem wird man ihn auf keiner Zeugenliste finden. Er hat auch nie eine offizielle Aussage gemacht – weder bei den Behörden, noch vor der Warren-Kommission und auch nicht vor dem Untersuchungsausschuss. Warum nicht...? Ganz einfach: weil es ihn als Zeugen des Attentats bis 1978 gar nicht gab. Erst da tritt er plötzlich aus dem Rampenlicht und erzählt in verschiedenen kommerziellen Interviews seine Geschichte. Doch leider ist es keineswegs immer dieselbe Geschichte. Mal traf er auf Polizisten, dann waren es CIA-Agenten, dann doch welche vom Secret Service; mal hatten sie Uniform an, dann waren sie wieder in Zivil; mal hatten sie Ausweise, mal nur eine Marke... u.s.w.
Auf keinem der Bilder konnte er identifiziert werden. Im Gegenteil: es konnte schnell nachgewiesen werden, dass er an bestimmten Punkten zu bestimmten Zeiten nicht gewesen sein konnte.
Seine "Versetzung nach Alaska" gab es hingegen wirklich und er reiste entsprechend zwei Tage später ab. Doch kam diese nicht plötzlich, wie es Hesemann kolportiert, sondern stand schon lange fest.

Ed Hoffman1 (S.32):

Nicht ganz unähnlich verhält es sich mit dem angeblichen Zeugen Ed Hoffman. Ebenso wie Arnold taucht auch er auf keiner der Zeugenlisten auf. Und sein "Erscheinen" auf der Bühne des Kennedy-Attentats brauchte sogar nochmal fünf Jahre länger als im Fall Arnold. Und auch seine Versionen variierten immer wieder. Dies wurde von Verschwörungstheoretikern mit Übersetzungsfehlern der Gebärdensprache abgetan. Doch erscheint es wenig glaubhaft, dass es so schwer sein soll, eine standardisierte Sprache vernünftig zu übersetzen. Schlimmer aber wiegt noch die Tatsache, dass Arnold an seiner angeblichen Position auf den dort eingesetzten Polizisten Joe Murphy1 hätte treffen müssen. Doch weder hatte Murphy Hoffman gesehen noch umgekehrt. Seine Beschreibungen selbst erschienen bei genauerer Betrachtung wie ein selbst erstellter Mix aus den Aussagen verschiedener anderer Zeugen.

Tom Tilson1 (S.33):

Alle guten Dinge sind drei: Auch die Geschichte von Sgt. Tom Tilson taucht erst viele Jahre später auf und auch erst im Zusammenhang mit Attentats-Symposien, die z.B. im Hyatt in Dallas veranstaltet werden. Mit seinen Schilderungen hat sich der Lehrer und freiberufliche Schriftsteller Peter R. Whitmey1 aus Kanada 1991 ausführlich beschäftigt. Er sprach auch mit Tilson persönlich und hielt ihn zunächst selbst für glaubwürdig. Nachdem Whitmey seine Geschichte vor Ort jedoch anhand von Bildern überprüft hatte musste er schnell feststellen, dass sie nicht stimmen konnte. Auch Tilsons Tochter, die er in die Sache mit reingezogen hatte, brach daraufhin den Kontakt mit ihrem Vater ab. Es stellte sich auch heraus, dass Tilson wohl versucht hatte, die Aufmerksamkeit von Oliver Stone auf sich zu lenken um einen Platz in dessen Film um das Attentat zu bekommen.

Clyde Haygood1 und Seymour Weitzman1 (S.38):

"So erklärte der Polizeioffizier Clayde Haygood1, er sei nach den Schüssen zum Eisenbahngelände hinter dem Grashügel gelaufen. Doch keiner fragte den Beamten, was ihn dazu veranlasst hat."

Tatsächlich sagte Haygood jedoch in seiner Aussage bereits im Satz davor:

"[…] Einige von ihnen [gemeint waren die Zeugen, die vor dem Hügel auf dem Gras lagen] zeigten zurück auf den Eisenbahnhof."

Somit war die Frage, warum Haygood in Richtung des Eisenbahnhofs (also den Hügel hinauf) ging klar und es bedurfte somit auch keiner weiteren Rückfrage.

"Doch als er [Weitzman] vier Monate später geladen wurde, um vor der Warren-Kommission auszusagen, sprach ihn niemand darauf an."

Auch dies ist so nicht richtig. Tatsächlich sagte Weitzman: "[…] und jemand sagte, die Schüsse oder die Feuerwerkskörper, was auch immer es zu dieser Zeit war, wir wussten immer noch nicht, dass der Präsident erschossen wurde, kamen vom Bretterzaun. Ich schaute mir sofort diesen Zaun an."

Er selbst hatte also in der Tat keine Beobachtungen gemacht, woher die Schüsse kamen. Somit ist es vollkommen korrekt, dass er natürlich auch nicht zu der Gruppe derjenigen gezählt werden kann, die behaupteten, die Schüsse seien vom Bretterzaun aus gekommen.

Die Aussage von Weitzman ist aber noch in einer anderen Hinsicht ganz witzig:
Im weiteren Verlauf seiner Schilderungen erzählte er, wie er sich an einem hinter dem Zaun verlaufenden Dampfrohr die Finger verbrannt hätte. Der angebliche Zeuge Gordon Arnold (siehe S.32) behauptete jedoch, genau auf demselben Dampfrohr "gesessen" und eine Pause gemacht zu haben...

Mary Woodward1 (S.38):

"Wieder andere wurden gar nicht erst vorgeladen. Dazu zählen auch mehrere Journalisten. Aurelia Alonzo, Anne Donaldson und Mary Woodward von der »Dallas Morning News« […]. Woodward schrieb am nächsten Tag auf Seite 3 ihrer Zeitung: […]"

Tatsächlich schrieb sie in ihrem Artikel kein Wort darüber, aus welcher Richtung sie selbst die Schüsse vernahm. Das konnte sie auch gar nicht. In Ihrer Aussage vom 07. Dezember 1963 beim FBI heißt es: "Ihre nächste Reaktion war, dass die Schüsse von der Überführung stammen könnten, die rechts von ihr war. Sie erklärte jedoch, wegen des lauten Echos könne sie nicht sagen, woher die Schüsse gekommen seien […]."

In dem Protokoll werden übrigens ihre Begleiterinnen ebenfalls aufgeführt.

Amos Lee Euins1 (S.40):

"Später beschrieb Euins den Schützen als »Farbigen« mit einer Halbglatze."

Wenn Euins ihn als "Farbigen" beschrieben hätte, dann wäre auch nach einem "Farbigen" gefahndet worden. Aber nicht nur, dass Euins gegenüber der Polizei ihn nicht als "Farbigen" beschrieb, auch wurde er von der Warren-Kommission klar nach der Rasse befragt:

F: "Welche Rasse hatte er, Amos?"
A: "Ich kann es nicht sagen, [...]."
F: "Kannst Du sagen, ob es ein Neger oder ein weißer Mann war?"
A: "Nein, Sir."

Wie kommt Hesemann also darauf, dass der Zeuge einen "Farbigen" beschrieben habe?

Weiter sprach Euins auch nicht von einer "Halbglatze", sondern nur von einer "kahlen Stelle an seinem Kopf". Oswald hatte die Haare so gekämmt, dass auf seiner linken (also dem Fenster zugewandten) Seite eine tiefe "Geheimratsecke" entstand, also eine größere kahle Stelle.

Arnold Louis Rowland1 (S.40):

"Auch das Ehepaar Rowland […] will fünfzehn Minuten vor der Vorbeifahrt der Präsidentenkolonne im sechsten Stock des Schulbuchlagers zwei Männer gesehen haben, von denen einer ein Teleskop-Gewehr trug. »Wir glaubten, dass sie vom Secret Service seien«, erklärte Arnold Rowland. Einer der Männer sei ein »älterer Neger mit dünnem Haar« gewesen."

Dann schauen wir uns doch mal die tatsächlichen Aussagen an, die Roland gemacht hat.

22.11.1963:
"[…] und ich sah einen Mann, der etwa 15 Meter von den Fenstern zurückstand und etwas in seinem Armen hielt, was wie ein Gewehr schien, [...] Dieser Mann schien ein weißer Mann zu sein und schien ein helles Hemd an zu haben, offen am Hals. Er schien von schlanker Statur zu sein und schien dunkle Haare zu haben."

Warren-Kommission:
"Wir schauten und zu dieser Zeit bemerkte ich im sechsten Stock des Gebäudes, dass ein Mann von dem Fenster zurückstand und nicht aus dem Fenster hing. Er stand und hielt ein Gewehr."

Auch seine weitere Personenbeschreibung entspricht seinen ersten Angaben, die er am Tattag schon machte. Kein einziges Wort von zwei Personen, und ebenso kein Wort von einem "Neger mit dünnem Haar". Keine Ahnung, aus welchen Fingern sich Hesemann diese Geschichten saugt.

Roger D. Craig1 (S.87):

Auf Seite 87ff beschreibt Hesemann die Begegnung des Deputy Sheriff Roger D. Craig mit dem Polizeihauptmann Will Fritz und dem Verdächtigen Oswald auf dem Polizeirevier. Craig identifizierte angeblich Oswald als jenen jungen Mann, den er gegen 12:45 Uhr an der Dreifachunterführung in einen wartenden Wagen steigen sah. Hesemann, der Oswald weiterhin als reinen "Sündenbock" darzustellen versucht, der von dem Attentat keine Ahnung hatte, geschweige denn selbst geschossen hätte, unterschlägt dabei, dass Craig laut Vernehmungsprotokoll ebenfalls Zeuge gewesen sein will, wie Oswald zu Fritz sagte:
"Ich habe euch Leuten gesagt, dass ich es getan habe. Jeder wird wissen, wer ich jetzt bin."

Da Oswald aber ohne sonstige Ausnahme bis zum Schluss behauptete, nicht an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein, passt diese angebliche Äußerung überhaupt nicht ins Bild. Werfen wir daher mal einen Blick auf die Aussage seines angeblichen Gesprächspartners Polizeihauptmann Will Fritz:
(Die Vernehmung wurde von Joseph A. Ball1 aufgenommen, einem Assistenten der Warren-Kommission)

Ball: "Kennen Sie einen Mann namens Roger Craig, einen stellvertretenden Sheriff?"
FRITZ: "Roger Craig, vielleicht, wenn ich wüsste, wer er war."
Ball: "Er war ein Zeuge, von dem Sie eine Erklärung in Ihrem Büro oder einige Ihrer Männer abgegeben haben."
[...]
FRITZ: "Ein stellvertretender Sheriff, der anfing, mit mir zu sprechen, aber er erzählte mir einige Dinge, von denen ich wusste, dass sie uns nicht helfen würden, und ich sprach nicht mit ihm, aber jemand anderes nahm ihm eine eidesstattliche Versicherung ab. Seine Geschichte, die er erzählte, passte nicht zu dem, was wir für wahr hielten."
Ball: "Roger Craig erklärte, dass er etwa 15 Minuten nach der Schießerei einen Mann, einen weißen Mann, das Texas State Book Depository Building verlassen sah, über einen Rasen lief und in einen weißen Rambler geriet, der von einem farbigen Mann angetrieben wurde."
FRITZ: "Ich glaube nicht, dass das wahr ist."
Ball: "Das sage ich. Erinnern Sie sich jetzt an den Zeugen?"
FRITZ: "Ich erinnere mich an den Zeugen; Ja, Sir."
Ball: "Ist dieser Mann jemals in Ihr Büro gekommen und hat in Anwesenheit von Oswald mit Ihnen gesprochen?"
FRITZ: "In Anwesenheit von Oswald?"
Ball: "Ja."
FRITZ: "Nein, Sir. Ich bin sicher, er hat es nicht getan. Ich glaube, dass der Mann in meinem Büro in diesem kleinen Flur gekommen ist, wissen Sie außerhalb meines Büros, und ich glaube, ich trat vor die Tür und sprach eine Minute mit ihm und ich ließ jemand anderen eine eidesstattliche Versicherung von ihm aufnehmen. Wir sollten diese eidesstattliche Versicherung von ihm haben, wenn sie helfen würde."
Ball: "Nun sagt dieser Mann, dass er, wie gesagt, er in Ihr Büro gekommen ist und Oswald in Ihrem Büro war, und Sie haben ihn gebeten, Oswald anzuschauen und Ihnen zu sagen, ob dies der Mann war, den er sah, und er sagt, dass er Oswald in Ihrer Gegenwart als den Mann identifizierte, den er über diesen Rasen laufen und in die weiße Rambler-Limousine steigen. Erinnern Sie sich noch daran?"
FRITZ: Ich denke, es wurde aufgenommen, ich denke, es war einer meiner Beamten, und ich denke, wenn er ihn sah, schaute er durch dieses Glas und sah ihn von außen, weil ich sicher bin, dass ich ihn nicht mit Oswald ins Büro gebracht habe."
Ball: "Sie sind sicher, dass Sie es nicht getan haben?"
FRITZ: "Da bin ich mir sicher, absolut."

Am 09. Juni 1964 gab Captain Fritz eine über die Vernehmung hinausgehende eidesstattliche Versicherung ab:

"Ich erinnere mich nicht an den Namen Roger Craig, aber ich erinnere mich an einen Mann, der zu meinem Büro kam, und ich erinnere mich, wie mich ein Beamter vor der Tür meines privaten Büros ansprach. Ich sprach ein oder zwei Minuten mit diesem Mann, und er begann mir eine Geschichte darüber zu erzählen, wie Oswald das Gebäude verließ. Ich erinnere mich nicht an all die Dinge, die dieser Mann sagte, aber ich übergab ihn an Lt. Baker, der mit ihm sprach. Lee Harvey Oswald war zu dieser Zeit in meinem Büro. Ich kann mich nicht erinnern, dass Lee Harvey Oswald zu dieser Zeit aufsprang oder Bemerkungen oder Gesten an diesen Mann oder mich macht, und wenn ich diesen Beamten in mein inneres Büro gebracht hätte, bin ich mir sicher, dass ich mich daran erinnern würde. Es gab andere Beamte in meinem Büro zu der Zeit, und ich habe niemanden gefunden, der über die Bemerkungen, die Sie gefragt haben, weiß. "

Tatsächlich konnte keine Person gefunden werden, die die Angaben von Craig hätte bestätigen können. Und es kommt noch ein Problem hinzu: Oswald war bei seiner Verhaftung noch im Besitz seiner Busfahrkarte, die belegt, dass er sich genau zu jenem Moment in besagtem Bus befand, als Craig ihn auf der Dealey Plaza gesehen haben will. Auch das von Craig beschriebene Fahrzeug passt nicht: Craig beschrieb klar einen Rambler-Kombi, während Ruth Paine nur einen Chevrolet besaß.
Schließlich hatte Craig in den Folgejahren seine Aussagen auch mehrfach geändert und passte sie in verschiedenen Publikationen den gängigen Verschwörungstheorien an.

Julia Postal1 (S.92):

Hesemann: "Obwohl sie [die Polizisten] seine Personalien noch nicht aufgenommen hatten, erklärten sie Postal, dass »Oswald« einen Polizisten ermordet habe."

In der Vernehmung von Julie Postal spricht diese in der Tat von "Oswald", jedoch fand diese erst im April 1964 statt und sie weist ausdrücklich darauf hin, dass sie ihn erst jetzt als "Oswald" benennt, weil sie seinen Namen inzwischen kennt. Es war also keine Rede davon, dass irgendein Polizist Oswalds Namen ihr gegenüber während der Verhaftung erwähnt habe.

Dr. Malcom Perry (S.119):

"[...], beschrieb sie der leitende Chirurg, Dr. Malcom Perry, dann auch mehrfach als »Eintrittswunde der Kugel«."

Aussage vor der Warren-Kommission:

MR. SPECTER1 - "Aber haben Sie auf der Grundlage der zusätzlichen Faktoren, die im Autopsiebericht enthalten sind, zu diesem Zeitpunkt eine Meinung über die Anzahl der Kugeln, die es gab?
Dr. PERRY - "Die Wunden, wie sie im Autopsiebericht beschrieben wurden und mit den Wunden, die ich beobachtet habe, übereinstimmen, es scheint, dass es zwei Kugeln gab, die den Präsidenten trafen.
MR. SPECTER - "Und auf der Grundlage der zusätzlichen Faktoren, die ich Ihnen als hypothetische Annahme zur Verfügung gestellt habe, und den Faktoren, die im Autopsiebericht aus Ihrer Untersuchung dieses Berichts enthalten sind, was scheint Ihnen die Quelle der Kugeln gewesen zu sein?
Dr. PERRY - "Das konnte ich nicht sagen. Ich kann ihren Weg nur auf der Grundlage dieser Berichte innerhalb des Organs des Präsidenten bestimmen.[...]
MR. SPECTER - "Aus welcher Richtung wären die Kugeln auf der Grundlage all dieser Faktoren gekommen?
Dr. PERRY - "Die Kugeln wären auf der Grundlage dieser Faktoren hinter dem Präsidenten entstanden". 

Dr. Perry sagte weiter, dass eine reine Spekulation hierüber aus dem Kontext gerissen wurde und es daher Missverständnisse in diesem Punkt gab. Er habe aber mehrfach in seinen Aussagen zu verstehen gegeben, dass ihm eine genaue Bestimmung nicht möglich gewesen sei.

Dr. Charles J. Carrico (S.119):

"Sein Kollege Dr. Charles J. Carrico notierte unmittelbar nach der Behandlung: »Eine kleine Eintrittswunde im unteren Teil des Halses.«"

Es ist mir nicht bekannt, ob Hesemann Einblick in diese "Notizen" hatte. Vor der Kommission bestätigte Carrico aber ganz klar, dass eine konkrete Bestimmung hierüber nicht möglich war. Seiner Auffassung nach hätte es sowohl eine Ein- wie Austrittswunde sein können. Zu diesem Zeitpunkt hätten beiden Ärzten die äußeren Umstände - inbesondere bezüglich des Schusswinkels - noch nicht vorgelegen. Da die Wunde innerhalb des Körpers jedoch von der Halswunde aus gesehen aufwärts verlief und nun auch die Umstände der Positionen bekannt waren, war es für beide Ärzte klar, dass es sich um eine Austrittswunde handeln musste.

Ich beende an dieser Stelle mal den Vergleich der Zeugenaussagen zwischen dem Buch und den offiziellen Unterlagen. Ich musste feststellen, dass Hesemann (oder wer immer seine "Quelle" sein mag) gänzlich jede Aussage wohlwollend formuliert "verfremdet", wenn nicht sogar "verfälscht" hat.

Thema: Mysteriöse Todesfälle

Dann schauen wir uns doch mal Hesemann's Liste (die übrigens gar nicht seine Liste ist; sie stammt aus dem Buch "Crossfire" von dem amerikanischen Verschwörungstheoretiker Jim Marrs) etwas genauer an: 

Karyn Kupcinet1:

Ignorieren wir mal für einen Moment, dass ihr Tod wahrscheinlich die Folge einer Beziehungstat war und auch von ihrem Vater als solche angesehen wird. Hesemann stellt die Behauptung auf " […], die vor dem 22. November von einem geplanten JFK-Attentat gehört hatte, wird ermordet." Dies gründet auf einen entsprechenden anonymen Anruf, der jedoch von einem Ort rund 80 Meilen von Kupcinets Aufenthaltsort aus geführt wurde. Außerdem wurde die Anruferin deutlich älter und als "geistig verwirrt" eingeschätzt. 

Jack Zangretti1:

Die einzige "Quelle" für einen Bezug zum Attentat ist eine Erwähnung im Buch "Forgive My Grief" von Penn Jones jr1 aus dem Jahre 1966. Jones nennt selbst hierfür keinerlei Quelle. Selbst Verschwörungstheoretiker listen in ihren Foren diesen Namen nicht auf und kommen zu dem Schluss, dass es keinen Zusammenhang mit dem Attentat gibt. 

Eddy (Edward) Benavides1:

Dieser war keineswegs der "Zwillingsbruder" von Domingo, sondern sah ihm nur etwas ähnlich. Er starb auch nicht im Februar 1964, wie Hesemann auflistet, sondern erst ein ganzes Jahr später, am 15. Februar 1965. Dies ist aber wichtig, da somit auch der Zusammenhang mit der Aussage seines Bruders komplett entfällt. Schließlich wurde er auch nicht unter "mysteriösen Umständen" erschossen, sondern von seinem Saufkumpanen Radford Lee Hill1 im Suff und vor Zeugen in einer Kneipe, der dafür 20 Monate wegen Totschlags einsaß.

Betty McDonald1:

Zunächst einmal: die Tatsache, dass McDonald eine Ex-Angestellte von Jack Ruby war, hat mit dem Fall selbst gar nichts zu tun. Hesemann scheint es trotzdem erwähnenswert zu sein. 
Um es kurz zu fassen: McDonald gab einem vermeintlichen Mörder (der sich später jedoch tatsächlich als unschuldig erwies) ein entsprechendes Alibi. Besagter Täter hätte einem der Zeugen der Erschießung von Tippit in dessen Werkstatt in den Kopf geschossen. Verschwörungstheoretiker kolportierten daraus, man hätte den Zeugen "auf Kurs bringen wollen", weil dieser von seiner Aussage abwich, welche Oswald identifizierte. Doch erstens stimmte dies gar nicht: in beiden Aussagen war sich der Zeuge ziemlich sicher, dass es sich bei dem Schützen auf Tippit um Oswald gehandelt habe. Es gab für die Ermordung des Zeugen somit gar keinen Anlass. Abgesehen davon: ein Kopfschuss ist als "Warnung" kaum ein probates Mittel, um jemanden "auf Kurs zu bringen".

Bill Chesher1:

Hesemann deutet gar nicht erst an, dass es etwas anderes als ein Herzinfarkt war. Einen Zusammenhang mit dem Attentat lässt sich daher in keiner Weise bilden.

Hank Killam1:

Killam wurde 1964 gegen 4:00 Uhr in der Nacht vor einem zertrümmerten Schaufenster in Florida mit einer tödlichen Schnittverletzung am Hals aufgefunden. Er war stark alkoholisiert. Das sind soweit die Tatsachen – ob sich hier ein Zusammenhang zum Attentat erstellen lässt ist fraglich. Jedenfalls erbrachte die Spurensuche keine Anhaltspunkte auf ein Fremdeinwirken. Es kam also nur noch Selbstmord in Betracht (Killam hatte durch die ständigen Vernehmungen von Bundesbehörden wohl mehrfach seinen Job verloren. Allerdings erscheint ein Selbstmord auf diese Art doch eher unwahrscheinlich.), oder ein Unfall. Vielleicht stürzte er tatsächlich in angetrunkenem Zustand unglücklich in das Schaufenster und verblutete dann auf dem Bürgersteig.

Bill Hunter1:

Hunter war Polizeireporter. In dieser Funktion hielt er sich am 23. April 1964 in einem Polizeirevier in Long Beach (New York) auf. Dort geriet er nicht in "Polizeifeuer", wie Hesemann es formuliert. Hunter wurde Opfer einer Waffenspielerei zweier Beamte, wie sie wohl in dieser Zeit üblich waren. In dieser Folge löste sich ein Schuss und traf Hunter tödlich. Doch selbst, wenn wir annähmen, es wäre ein Mord gewesen, so würde dieser keinen Sinn ergeben. Was Hesemann unterschlägt: Hunter war klar der Auffassung, Oswald sei ein Alleintäter gewesen und hatte darüber ein 16-seitiges Special unter dem Titel "Three Days in Dallas" veröffentlicht, für das er sogar ausgezeichnet wurde.

Gary Underhill1:

Zunächst: Underhill stand beruflich bis Mitte der 50er Jahre in Kontakt mit dem New Yorker CIA-Büro für Inlandskontakte. Dabei handelte es sich um Routineaufgaben. Nach Überprüfung durch das Justizministerium wurde festgestellt, dass Underhill kein Agent oder sonstiger Mitarbeiter der CIA war. Seine Äußerungen bezüglich des Kennedy-Attentats machte er ausschließlich nach der Tat. Doch wenn er angeblich solche "Panik" hatte und um sein Leben fürchten müsste, warum sollte er dann erst mit entsprechenden Äußerungen auf sich aufmerksam machen? Für eine Fremdeinwirkung, welche zu seinem Tode geführt haben könnte, konnten jedenfalls keine Anhaltspunkte ermittelt werden. 

Hugh Ward1:

Da ist nicht viel zu sagen: Ward war selbst Pilot der Maschine, die in einen Sturm geriet und wohl auch einen Triebwerksschaden hatte. Beim Versuch, eine geeignete Landestelle zu finden, krachte die Maschine in einen Hügel. Da es sich hier um einen von der NTSB untersuchten Unfall handelt und Ward auch noch selbst geflogen ist, sehe ich hier einfach nichts "Mysteriöses".

Guy Banister1:

Warum gehört jemand auf eine Liste für "Mysteriöse Todesfälle", wenn er an einem Herzinfarkt stirbt? Wahrscheinlich einfach nur, damit die halt optisch etwas länger wirkt.

Teresa Norton:

Teresa Norton gab es überhaupt nicht. Auch dieser Name entstammt ausschließlich der Feder des Autors und Verschwörungstheoretikers Penn Jones. Er behauptete, Teresa Norton sei in Wirklichkeit die ehemalige Ruby-Angestellte Karen Carlin, für die Ruby noch kurz vor seiner Tat eine Überweisung tätigte. Problem: Zu einem Zeitpunkt, als Jones bereits behauptete, Norton/Carlin sei erschossen worden, machte Frau Carlin noch zwei Aussagen vor der Warren-Kommission. Frau Carlin ist seither mit unbekanntem Ziel verzogen, doch ein Todesfall mit einem Opfer dieses Namens oder einer Teresa Norton wurde zu keinem Zeitpunkt bekannt, insbesondere nicht in einem Hotel in Houston, was Jones behauptete.

John Kiethe1:

Ich habe das ganze Internet durchforstet, aber eine Person mit diesem Namen, die in einem Zusammenhang mit Jack Ruby oder dem Kennedy-Attentat stand, konnte ich nicht ermitteln. Auch taucht dieser Name in keiner anderen Liste mysteriöser Todesfälle (und es gibt Listen mit über 100 Personen) auf. Auch auf der Seite "Find a Grave", die mir sonst immer sehr hilfreich ist, konnte ich diese Person nicht finden. Mir erscheint auch der Begriff "Nackenschlag" als Todesursache fragwürdig. In Zusammenhang mit einer Todesfolge konnte ich diesen Begriff nicht ermitteln

C.D. Jackson1:

Richtig, auch dieser gute Mann, starb in der Tat: im Alter von 62 Jahren an einem Herzinfarkt. Sein Zusammenhang mit dem Attentat bestand darin, dass er als Vizepräsident von "LIFE" den Ankauf des Zapruder-Films abwickelte. Ich sehe auch hier nichts "Mysteriöses".

Mary Pinchot Meyer1:

Sie wurde in der Tat Opfer eines Mordanschlages und der Täter konnte zumindest nicht eindeutig identifiziert werden. Es wurde zwar ein Verdächtiger festgenommen und angeklagt, er wurde jedoch schließlich freigesprochen. Die Tat ist bis heute ungeklärt, ebenso wie das Motiv. Im Raum stand u.a. eine sexuell motivierte Tat (der Tatort wäre hierfür geeignet gewesen), bei der sich das Opfer wehrte. Meyer stand zwar in dem Verdacht eine Affäre mit dem Präsidenten gehabt zu haben, stand jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Attentat in Dallas. Es ist daher unplausibel, warum ihr gewaltsames Ende fast ein Jahr nach Kennedys Tod in irgendeiner Verbindung damit stehen sollte.

David Goldstein1:

Über David Goldstein konnte ich nicht viel ermitteln, insbesondere was mit "[...] der dem FBI half, Oswalds Waffe zu finden, […]" gemeint sein soll. Die gleiche Formulierung findet sich auf allen entsprechenden Seiten wieder, meist ist allerdings von der "Pistole" die Rede, also nicht von dem Gewehr. Aber alle bezeichnen seinen Tod als "Herzinfarkt" oder "natürliche Todesursache". Also auch hier nichts "Mysteriöses".

Bei den nachfolgenden Namen im Buch werde ich jetzt mal die offensichtlich natürlichen Todesumstände (z.B. Herzanfall, Krebs u.s.w.) überspringen. 

Maurice Gatlin1:

Sein Enkel hat bestätigt, dass sein Großvater zwar in der Tat gestürzt sei, jedoch in Folge eines Herzanfalls. Es konnte somit auch nicht mehr genau ermittelt werden, ob letztlich der Anfall oder der Sturz todesursächlich war.

Mona B. Saenz1:

Sie wurde tatsächlich von einem Linienbus in Dallas angefahren, nachdem sie unvorsichtig auf die Straße gelaufen war. Sie war wohl in Eile und auf dem Weg zur Arbeit. Einen Zusammenhang zum Attentat lässt sich aus den Todesumständen nicht erkennen.

Rose Cheramie1:

Ihr richtiger Name war eigentlich Melba Christine Marcades. Sie war eine ehemalige Prostituierte und drogen- sowie alkoholabhängig. Es gibt die Geschichte, sie habe einem Polizeibeamten, welcher sie ins Krankenhaus fuhr, vor dem Attentat von den Plänen erzählt. Fast zwei Jahre nach Kennedys Tod wird sie – unter Drogeneinfluss stehend – auf offener Straße überfahren. Der Polizist erzählte seine Geschichte erst dem Untersuchungsausschuss des Kongresses. Auf die Frage, warum er dies erst jetzt täte, behauptete er, dass ihm zuvor niemand glauben bzw. seine Geschichte hören wollte. 

Dorothy Kilgallen1:

An Hesemann's Formulierung sind gleich zwei Dinge falsch:
  1. Kilgallen hatte kein "Interview" mit Jack Ruby. Tatsächlich hatte sie sich während einer Verhandlungspause im Gerichtssaal kurz über das Geländer gelehnt und wenige Worte mit Ruby gesprochen.
  2. Sie starb auch nicht direkt an einer "Überdosis Schlaftabletten". Kilgallen hatte sich selbst in den letzten Jahren vor ihrem Tod extrem unter Druck gesetzt, insbesondere was die Einhaltung von Terminen betrifft. So schrieb sie für mehrere Blätter und nahm an einer regelmäßigen Gameshow teil. Darüber hinaus hatte sie eine Kolumne, deren aktuelle Ausgabe sie noch in der Nacht fertig stellte. Sie nahm daher regelmäßig verschiedene kontra-wirkende Mittel. Kilgallen hatte keine Überdosis eines Mittels geschluckt (z.B. wie bei einem Selbstmord), vielmehr hatte sie wohl relativ normale Dosen verschiedener Substanzen zusammen mit Alkohol im Körper, was schließlich einen Herzstillstand verursachte.
Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie auch nicht allein zu Hause – Ihr Mann und ihre Kinder schliefen in der selben Wohnung. 

Richtig ist, dass sie mehrfach äußerte, am Kennedy-Attentat zu arbeiten. Trotzdem fand dieses Ereignis in ihrem aktuellen und kurz vor dem Druck befindlichen Werk "Murder One" – einer Zusammenstellung verschiedener prominenter Todesereignisse – keinerlei Erwähnung. Sie hatte bereits mehrere Kolumnen über das Attentat veröffentlicht, allerdings enthielt keine davon neuere Erkenntnisse. Es schien also eher so, als würde sie mit Ihren Äußerungen nur Aufmerksamkeit für ihre anderen Projekte erringen wollen. 
Vielleicht sollte noch bemerkt werden, dass zwischen ihrer öffentlichen Bemerkung, sie würde den "Fall JFK" lösen wollen, und ihrem Ableben drei Monate vergingen...

Earl Smith1:

Richtig – sie starb in der Tat zufällig zwei Tage später. Was Hesemann allerdings auslässt: sie war bereits seit August schwer krank und starb in Folge dieser Krankheit an einer Hirnblutung. Warum Kilgallen einer schwer kranken Bekannten irgendwelche Unterlagen zur Aufbewahrung überlassen sollte, erscheint doch höchst fraglich. 

William Whaley1:

Richtig – es handelte sich um einen Verkehrsunfall. Ausgelöst hatte ihn der 83jährige Fahrer eines anderen PKW's, der nach Auskunft der Mediziner einen Herzanfall erlitt und die Kontrolle über seinen Wagen verlor. Es gab auch einen Zeugen: Whaley hatte zum Zeitpunkt des Unfalls einen Fahrgast in seinem Taxi, der ebenfalls schwer verletzt wurde.
Ganz nebenbei stellt sich auch die Frage: welchen Grund sollte es gegeben haben, den Taxifahrer mehr als zwei Jahre nach dem Attentat auszuschalten, insbesondere, da er ja Oswald als Fahrgast identifiziert hatte?

Karen Carlin:

Witzig: hier wird sogar ein und die selbe Person zweimal aufgeführt (siehe oben unter Teresa Norton). Noch interessanter: wie können denn Norton und Carlin angeblich die selbe Person sein aber an unterschiedlichen Daten erschossen werden? 

Clarence Oliver1:

Leider kann ich zu dieser Person rein gar nichts sagen, da ich im Internet ebenso rein gar nichts finden kann. Er taucht halt in jeder Liste dieser Verschwörungs-Tode auf, allerdings immer mit exakt dem selben Wortlaut: "1966 Clarence Oliver Dist. Atty. Investigator who worked Ruby case, Unknown". Also als Todesursache wird stets "unbekannt" aufgeführt. 

Albert Bogard1:

Nach Aussage seiner Eltern war ihr Sohn schon länger depressiv. Ursächlich hierfür waren Frauen- und Geldprobleme. Bogard lieh sich von seinen Eltern einen weißen Gartenschlauch, mit dem er dann Abgase in sein Fahrzeug leitete, in dem er saß. Er wurde vom Ehemann seine Cousine aufgefunden. Dieser entdeckte später in einer Zeitung, während er bei einem Friseur saß, eine dieser Listen von angeblich "mysteriöser Todesfälle" rund um das Kennedy-Attentat. Fortan erzählte er jedem, Bogard hätte ständig gesagt, dass sie ihn eines Tages »holen kommen würden«. Doch Bogard war schließlich nur ein Autoverkäufer, der eventuell - oder eben auch nicht – mit Oswald eine Probefahrt gemacht haben will. Grund für eine Ermordung...?

Lee Bowers1:

Und wieder ein Autounfall: Zeugen gaben an, ein anderes Fahrzeug hätte ihn wohl "geschnitten", woraufhin Bowers die Kontrolle über seinen Wagen verloren hatte. Das Ganze natürlich fast drei Jahre nach dem Kennedy-Attentat. Interessant wäre es bei dieser Gelegenheit, etwas über die Relevanz seiner Aussage zu erfahren. Hierzu möchte ich auf den Artikel von Dale K. Myers (Emmy-prämierter Autor) von 2007 hinweisen.
 
Kurz gefasst: Bowers hatte eigentlich gar nicht behauptet, zwei Männer hinter dem Bretterzaun beobachtet zu haben. 

Marilyn Walle1:

Richtig – nichts dagegen zu sagen. Außer vielleicht, dass ihr Mann, der sie erschossen hatte, unter einer psychischen Störung litt und nach der Tat in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wurde. Was das Ganze mit dem Kennedy-Attentat zu tun haben soll …? Keine Ahnung.

William Pitzer1:

Hesemann beschreibt ihn als Mann, "der die JFK-Autopsie fotografierte", tatsächlich aber war Pitzer zwar am Bethesda Medical Center tätig, hatte mit der Kennedy-Autopsie aber gar nichts zu tun. Daher wird er auch weder in der Liste der anwesenden Personen aufgeführt, noch in der Zeugenliste der Warren-Kommission. Einer seiner Kollegen behauptete mal gegenüber einem Journalisten, Pitzer hätte Fotografien der Autopsie besessen, die von der offiziellen Version abwichen. Der Journalist hielt die Story jedoch für unglaubwürdig und veröffentlichte sie auch zunächst nicht. Weiterhin behauptete der Kollege auch, Pitzer sei Linkshänder gewesen, und hätte sich daher nicht mit rechts selbst erschießen können. Abgesehen davon, dass dies natürlich sehr wohl möglich gewesen wäre, war die Behauptung auch falsch: Pitzer war in der Tat Rechtshänder.

Jimmy Levens1:

Über ihn gibt es leider auch nicht viel. Auch er wird immer wieder in besagten Listen aufgeführt, jedoch auch ausnahmslos mit dem Zusatz: "natürliche Todesursache".

James Worrel1:

Also zunächst starb er nicht bei einem "Autounfall", sondern bei einem Motorradunfall. Er selbst steuerte das Motorrad und hatte noch eine Beifahrerin hinter sich sitzen. Er kam ohne Fremdeinwirkungen – so die Zeugen – gegen eine Bordsteinkante und überschlug sich. Beide starben im Parkland Hospital an schweren Kopf- und inneren Verletzungen. 

Was seine Bedeutung für den Fall Kennedy betrifft: er sagte in der Tat aus, er habe einen Mann aus dem TSBD unmittelbar nach den Schüssen kommen sehen. Doch wimmelt seine ganze Aussage von Fehlern: so gab er an, den Präsidenten noch auf dem Flugplatz Love Field ankommen gesehen zu haben. Allerdings habe er eine schlechte Sicht gehabt und sei daher mit dem Bus in die Innenstadt gefahren, um den Präsidenten dort sehen zu können. An der Dealey Plaza sei er irgendwann zwischen 10:00 Uhr und 10:45 Uhr eingetroffen und habe etwa eine bis eineinhalb Stunden auf den Präsidenten gewartet. Präsident Kennedy landete jedoch erst um 11:40 Uhr in Love Field und traf um 12:30 Uhr auf der Dealey Plaza ein. Abgesehen davon, dass die Uhrzeiten nicht stimmen, hätte er es auch angesichts der damaligen Verkehrsverhältnisse nicht bis 12:30 Uhr mit dem Bus zur Dealey Plaza geschafft, geschweige denn, dass er noch über eine Stunde auf den Präsidenten hätte warten können. Seine ganze Aussage ist auch sonst sehr fehlerbehaftet.

Leonard Pullin1:

Über ihn konnte ich leider auch nicht viel ermitteln. Er starb in der Tat bei einem Verkehrsunfall. Was jedoch interessant ist: sein Film hatte – entgegen der Formulierung Hesemann's – nichts mit dem Attentat zu tun, sondern nur rein mit der Texas-Reise des Präsidenten.

Harrold Russell1:

Das kommt davon, wenn man ständig nur blind abschreibt:
In der Tat starb Russell laut fast aller "Verschwörungsseiten" im Februar 1967 durch den Schuss eines Polizisten während einer Kneipenschlägerei. Das ist so aber nicht richtig. Russel starb bereits am 28. Juli 1965. Er war zwar in eine Kneipenschlägerei verwickelt und griff schließlich im Suff auch einen Polizisten an. Während der Auseinandersetzung erlitt er aber einen Herzanfall und verstarb einige Stunden später im Krankenhaus. 
Da aber auch er Oswald als Mörder von Tippit identifiziert hatte, hätte auch seine spätere Ermordung keinen Sinn gemacht.

David Ferrie1:

David Ferries Tod mag vielleicht etwas "Mysteriöses" haben, es war jedoch wohl weder Selbstmord noch Mord. Kurz folgende Fakten:
  • Er litt an Enzephalitis, einer bakteriellen Hirnhautentzündung. Dabei bildete sich ein sogenanntes "Beerenaneurysma", welches laut Obduktion platzte und zum Tode führte.
  • Ferrie lebte extrem ungesund und nahm verschiedene Medikamente ein.
  • Er hatte in den letzten Tagen vor seinem Tod körperlich stark abgebaut und konnte kaum feste Nahrung bei sich behalten.
  • Ferrie wusste, dass er bald sterben würde. Das erklärte auch die beiden Briefe, die in seiner Wohnung gefunden wurden. In deren Inhalt spricht er aber keineswegs von Selbstmord, wie es Garrison und Stone andeuteten.
  • Eine Überdosis durch die aufgefundene Droge Proloid – wie es Garrison behauptete – wäre zeitlich nicht möglich gewesen, da diese zu langsam wirkt und daher die Zeit zwischen dem Zeitpunkt seiner letzten Lebendsichtung und seinem Auffinden nicht gereicht hätte.
  • Es wurden in der Flasche noch drei Tabletten aufgefunden. Bei einem Selbstmord wäre die Flasche wohl leer gewesen.
  • Ferrie stand inkl. seiner Wohnung unter Beobachtung. Außerdem gab es weder Einbruchs- noch Kampfspuren.

Eladio Del Valle1:

Richtig ist, dass Del Valle ermordet wurde. Das war es dann aber auch schon. Entgegen der landläufigen Meinung – und speziell der Darstellungen durch Oliver Stone – waren Ferrie und Del Valle wohl nicht nur keine "Freunde", sondern haben sich wohl noch nicht einmal gekannt. Zu diesem Schluss kommt der Ferrie-Experte David Blackburst1 nach jahrelanger Ermittlungen. Das erklärt auch, warum sein Name in Garrisons Buch gar nicht vorkommt. Trotzdem bindet Stone ihn in seinen Film in dramatischer Sequenz mit ein. Vielleicht einer der Gründe, warum auch Garrison sich von dem Film frühzeitig distanzierte. Man geht heute davon aus, dass Del Valles Tod mit seinen Mafiaverbindungen zu tun hatte, in denen er sich seinerzeit bewegte. 

Dr. Mary Sherman1:

Richtig ist wohl nur, dass sich Sherman und Ferrie kannten. Shermann wurde jedoch nicht "erschossen" und starb wahrscheinlich noch nichteinmal durch ein Tötungsdelikt. 1995 wurde bekannt: Sherman war an einer geheimen Impfstoff-Entwicklung beteiligt, bei der auch ein sogenannter Teilchenbeschleuniger zum Einsatz kam. In diesem Zusammenhang kam es wohl im Labor zu einem Unfall, bei dem sie auch getötet wurde. Weiterhin verlor sie ihren rechten Arm und erlitt starke Verbrennungen. Daraufhin wurde sie von anderen Beteiligten der Forschung in ihre Wohnung verbracht und mit einem Messer mehrfach verletzt. Außerdem wurde die Wohnung in Brand gesteckt, das Feuer breitete sich jedoch nicht sehr stark aus. Die Ermittler konnten feststellen, dass Sherman kaum in ihrer Wohnung diese Verletzungen erlitten haben konnte. Einen Zusammenhang mit David Ferrie, der sie wohl nur flüchtig kannte und im weiteren Umfeld mit der Forschung zu tun hatte, kann weitgehend ausgeschlossen werden. Darüber hinaus findet sich auch keine Verbindung zum Kennedy-Attentat.

Hesemann setzt die Liste auf Seite 172 fort:
(auch hier lasse ich nun mal die wirklich natürlichen Todesursachen weg, und auch diejenigen Personen, deren Tod einfach zu weit weg von der Sache ist, wie z.B. Clyde Tolson1 oder Sam Giancana)

Roger Craig:

Also zunächst einmal sollte Hesemann, wenn er seriös wirken wollte, schreiben "der Oswald bei der Flucht in einem Rambler-Kombiwagen beobachtet haben will" und nicht "...beobachtet hatte." (siehe oben).

Was man wissen sollte: Craig wurde gut zwei Jahre vor seinem Selbstmord angeschossen und hatte sechs Monate später auch noch einen schweren Autounfall. Aufgrund seiner Verletzungsfolgen wurde er aus dem Polizeidienst entlassen und schließlich trennte sich auch noch seine Frau von ihm. Er musste verschiedene Schmerzmittel und andere Medikamente einnehmen, darunter Diazepam. Es hat sich gezeigt, dass Diazepam nicht von Menschen eingenommen werden sollte, die depressiv sind oder Anzeichen einer drohenden Depression zeigen, da es Depressionen verstärkt. Offenbar führte seine eigene Depression, verstärkt durch Diazepam, zu seinem Selbstmord. Er hinterließ einen Zettel, in dem es ihm leid tat, was er zu tun hatte, aber er könne den Schmerz nicht länger ertragen.

Roger Craig war in vielerlei Hinsicht ein unglücklicher Mann, und er trug zu seinem eigenen Unglück bei, indem er eine Vielzahl von "interessanten" Geschichten über das erzählte, was er nach dem Attentat gesehen haben will – Geschichten, die seine Glaubwürdigkeit als Vollzugsbeamter untergruben. Seine Entscheidung, "alles zu beenden", war eine Tragödie, aber eine, die nichts mit der Tragödie auf der Dealey Plaza zu tun hatte.

Allan Sweatt1:

Allan Sweatt wurde beim Versuch der Festnahme des flüchtigen Straftäters James Walter Cherry1 von ihm in einem Motel erschossen. Auch sein Partner wurde dabei durch Schüsse verletzt. Cherry konnte wenig später festgenommen werden.
Sweatt wurde einige Zeit lang unterstellt, er habe behauptet, ein anderer Polizist oder Agent habe an der Dealey Plaza eine '45er Patrone gefunden und an sich genommen. Diese würde natürlich nicht zu Oswalds Gewehr passen. Sweatt hat diese Geschichte jedoch immer bestritten. Warum sollten die "Hintermänner" also einen ihrer "treuen Lügner" ermorden – und das 12 Jahre nach dem Attentat?

John Roselli1:

Richtig ist, dass Roselli am 23. August 1976 ermordet aufgefunden wurde. Doch der Zusammenhang zum Kennedy-Attentat ist eher unplausibel. Roselli wurde am 23. April vor den Senatsausschuss zum Kennedy-Attentat befragt. Auch hatte er bereite im Vorjahr zwei Vernehmungen durch den Senatsausschuss hinter sich gebracht. Es ist daher wesentlich wahrscheinlicher, dass Roselli aufgrund anderer Mafia-Aktivitäten sein Leben verlor. 

William Pawley1:

Auch hier schreibt Hesemann einfach "...wird erschossen."

Doch die Realität sieht anders aus: Pawley litt seit länger Zeit an Herpes Zoster. Verschwörungstheoretiker formulieren in diesem Zusammenhang, dass sie von keinem anderen Fall wüssten, bei dem jemand wegen einer Gürtelrose Selbstmord beging. Doch Herpes Zoster hat in über 20% der Erkrankungen besonders schwere und oftmals lebenslange Ausmaße, die zu brennenden und unerträglichen Schmerzen führen können. Ein Verwandter von Pawley berichtete: "Bill Pawley hatte vor Jahren einen schweren Fall von Gürtelrose bekommen, der sich über seinen gesamten Körper (sogar über die Fußsohlen) ausgebreitet hatte. Er konnte sich in keiner Position hinlegen, stehen oder sich wohlfühlen und es gab zu dieser Zeit keine modernen Medikamente für eine Heilung oder sogar eine angemessene Schmerztherapie. Deshalb litt Herr Pawley Tag für Tag, bis er es einfach nicht mehr konnte. Dies war der Grund für seinen Selbstmord."
Jedenfalls wurde Pawley in seinem eigenen Bett tot aufgefunden, die Waffe noch in seiner Hand.

George DeMohrenschildt1:

Auch hier ist die Formulierung "… an dem Tag, an dem er vor dem Untersuchungsausschuss aussagen soll." reine Polemik. DeMohrenschildt hatte bereits mehrfach vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt. Er hatte ebenso in den letzten vier Jahren mehrere Selbstmordversuche hinter sich und inzwischen hatte sich auch seine Frau von ihm scheiden lassen. Schließlich wurde er 1976 sogar in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. 

Paul Raigorodsky1:

Offensichtlich hatte Raigorodsky so wenig mit dem Fall zu tun, dass ich so gut wie nichts über seine Verbindung zum Kennedy-Attentat finden konnte. Zumindest nichts, was eine Ermordung plausibel machen würde. Und so handelte es sich auch in diesem Fall offiziell um einen Suizid.

Lou Staples1:

Auch im Fall Staples gibt es keinen Ansatzpunkt für eine abweichende Theorie. Der Selbstmord ist auch aufgrund seiner privaten Lebensgeschichte und eines vorhandenen Abschiedsbriefes plausibel. Auch die Auffindesituation lässt keinen Spielraum für anderweitige Spekulationen. Was seine "Ankündigung" betrifft, so handelte es sich nur um eine von vielen. Das Thema "Kennedy" kam in seinen Sendungen häufig vor, diese hatten jedoch auch nur stets die allgemein bekannten Verschwörungstheorien zum Inhalt. Und dies, obwohl er sich schon seit Jahren damit beschäftigte.

Was ist nun insgesamt von solch einer Auflistung zu halten? 

Der Autor und Vertreter der Einzeltätertheorie Gerald Posner1 stellt dieser Auflistung die Zahl von mehr als 10.000 Menschen gegenüber, die von der Warren-Kommission oder anderen Untersuchungsausschüssen zum Kennedy-Mord betroffen waren und überlebten. Und der amerikanische Politikwissenschaftler John McAdams1 kritisiert, dass Marrs mit seiner Liste "Mysteriöser Todesfälle" hier in einem Zirkelschluss argumentiere: Die Todesliste solle beweisen, dass es eine Verschwörung gegeben habe, doch das Kriterium, um auf diese Liste zu kommen, sei die Teilnahme an ebendieser Verschwörung, deren Existenz sie doch erst belegen solle.

Andere merkwürdige Formulierungen:

(S.75) "Es gibt eigentlich keinen anderen vernünftigen Grund, weshalb er [Oswald] den Sommer in Louisiana verbracht hatte, als den, dass er dort auf eine neue Aufgabe vorbereitet wurde."

Hesemann vergisst zu erwähnen, dass Oswald in einem Vorort von New Orleans geboren wurde und zum damaligen Zeitpunkt noch einige Verwandte dort hatte. Tatsächlich bemühte er sich wohl darum, etwas über seine eigene Familiengeschichte herauszufinden und besuchte dabei u.a. ältere Verwandte seines Vaters und auch dessen Grabmal.

(S.165) "Dass er zuvor als Marine eine Russisch-Prüfung absolvieren und nach Russland »überlaufen« konnte, ohne bei seiner Rückkehr in die USA vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden, setzt den Merkwürdigkeiten die Krone auf."

Auch hier haben wir wieder eine von Hesemann's eigenwilligen Formulierungen. Tatsache ist, dass Oswald ganz normal einen Antrag auf Ausreise gestellt hatte, und nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion heimlich "übergelaufen" ist. Und genauso hatte er auch einen Antrag auf Wiedereinreise gestellt. Warum hätte er also vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollen, zumal er zum Zeitpunkt seiner Ausreise schon gar nicht mehr im Marinedienst war?

Thema: Die Fahrtroute 

Obwohl inzwischen hinlänglich bekannt, möchte ich mich doch noch mal kurz diesem Thema widmen. Insbesondere, weil es eben exemplarisch für den Umgang mit dem Thema einer möglichen Verschwörung ist. Doch zunächst kurz zur Erinnerung:

In der Tat sah die ursprüngliche "Reisbrettplanung" vor, den Konvoi geradeaus über die Main Street bis zur Auffahrt auf den Stemmons Freeway zu führen. Doch spätestens bei der Ortsbegehung zusammen mit der örtlichen Polizei wurde schnell offensichtlich, dass es gar keine Möglichkeit gab (und auch heute noch nicht gibt) von der Main Street aus in nördlicher Richtung auf den Stemmons Freeway aufzufahren. Daher gab es schon damals von der Stadtmitte kommend eine Ausschilderung mit dem Text "Stemmons Freeway North via Elm Street". 
Diese Dinge sind FAKT – keine Spekulation. Und es wird auch schon im Warren-Bericht darauf hingewiesen. Man weiß es also nicht erst seit Street View. Doch schauen wir uns nun mal die Formulierungen Hesemann's an:

(S.22) Hier fängt Hesemann zum ersten mal mit dem Thema an:
"[…], von wo aus er in einem 120-Grad-Winkel auf die Elm Street gelangte. Warum diese neue Route gewählt wurde, ist völlig unverständlich."

Nein, Herr Hesemann, jedem anderen Menschen, der nicht darauf aus ist, Bücher zu verkaufen, ist dies absolut verständlich: weil es eben gar nicht anders ging. Trotzdem schreibt er auf Seite 156: "Ursprünglich sollte sie auf der Main Street bleiben, die automatisch durch die dreifache Unterführung auf den Stemmons Freeway führt."

Also auch hier vollkommener Unsinn: bleibt man auf der Main Street, muss man zwangsläufig weiter Richtung Westen fahren.

Doch er hackt weiter darauf rum:

"Die Dienstanweisungen des Secret Service untersagen eigentlich die Wahl solch exzentrischer Zickzack-Routen und von Kurven mit mehr als 90 Grad, da sie zu unsicher sind; der Fahrer müsste extrem verlangsamen.

Diese "120-Grad-Kurve" macht Herrn Hesemann ganz besonders zu schaffen. So schreibt er weiter auf S.156

"Von der Main Street sollte die Wagenkolonnein nun in die Houston Street einbiegen, von dort aus die gefährliche 120-Grad-Kurve in die Elm Street nehmen. Das war ein klarer Verstoß gegen alle Vorschriften des Secret Service, die Kurven von über 90 Grad untersagten, das sie zu einer starken Verlangsamung und damit zu einem Sicherheitsrisiko führen."

Also Hesemann will uns mit aller Gewalt eintrichtern, dass man die Fahrtroute so verlegt habe, damit die Fahrzeugkolonne durch besagte 120-Grad-Kurve zur starken Verlangsamung gezwungen wird. 
Dann stellt sich aber die Frage: warum wurde dann dieser Moment nicht auch für das Attentat gewählt? Die Fahrzeugkolonne kam doch in gerader Linie direkt auf das TSBD zu – hier hätte es jetzt auch kein wie auch immer zahlreiches Team gebraucht – und auch keine drei Schüsse. Das hätte auch die zu verkaufende "Einzeltäter-Story" extrem vereinfacht. Doch auch das Thema mit der "Verlangsamung" ist ein Märchen. Denn die Houston Street ist vierspurig, die Elm Street immerhin noch dreispurig. Bei der niedrigen Geschwindigkeit, welche die Fahrzeugkolonne ohnehin schon hatte, war eine weitere Verlangsamung beim Abbiegen gar nicht notwendig und fand demendsprechend auch nicht statt. 

Noch nicht genug?

(S.23) "In diesem Klima der Aggression gegen JFK erscheint die Routenänderung durch den Secret Service nicht nur als Werk grenzenloser Naivität, sondern als grobe Fahrlässigkeit mit verheerenden Folgen. Es war, als hätten seine Beschützer den Präsidenten direkt in eine tödliche Falle gefahren."

Schließlich zurück auf Seite 156 setzt er der Sache dann nochmal die Krone auf:
"Keiner von der Warren-Kommission befragten Polizisten von Dallas konnte auch nur einen Grund für diese Entscheidungen nennen."
Ich meine, außer vielleicht der Tatsache, dass es gar keine andere Möglichkeit gab – aber wie hätte das ein "örtlicher Polizist" wissen können...?

Und jetzt kommt's: "Nur Secret-Service-Mann Lawson behauptete, ihm sei »gesagt worden, dass die Main Street nicht zum Freeway führt«. Das war eine glatte Lüge."
Nein, Herr Hesemann, das war es eben nicht. Nur Sie selbst reihen eine Lüge nach der anderen aneinander.

Das Thema der veränderten Route dürfte also eigentlich gar keines sein. Doch warum kommt es dann immer wieder hoch? (Ich habe allerdings noch nie einen Autor erlebt, der es derart pervers zu Tode reitet, wie in diesem Fall Herr Hesemann)

Die Frage ist eigentlich ganz einfach: Man kann sich durchaus sehr tief in die Irrungen und Wirrungen des Attentats verschlingen lassen. Da wird mit einer Unzahl an Namen und Daten um sich geworfen. Der unbedarfte Leser droht in einem Dschungel von Theorien und angeblich mysteriösen Vorgängen gänzlich verloren zu gehen. Der eine oder andere mag dem folgen können und wollen … oder aber eben auch nicht. Der Autor muss den Leser aber irgendwie am Ball halten und fesseln. Und hier greift er in die Trickkiste: eine "von geheimer Hand vorsätzlich veränderte Fahrtroute" ist für den Leser ein viel greifbarer Vorgang. Damit kann er gedanklich etwas anfangen und der Aufschrei der "Verschwörung" dringt viel klarer durch. SO verkauft man Bücher.

Thema: Offene Frage

Es gibt einen Punkt in der ganzen Geschichte, der für mich eine zentrale Frage darstellt: 

Es liegt in der Natur der Sache, dass es keine einzige noch so abartige Verschwörungstheorie im Zusammenhang mit dem Kennedy-Attentat geben kann (von Außerirdischen vielleicht mal abgesehen), in der Oswald nicht trotzdem eine zentrale Rolle spielt. Unabhängig von dessen Funktion: ob als Schütze, als Mitverschwörer, als Mitwisser oder auch nur als unbeteiligter Sündenbock – seine Rolle lässt sich nicht gänzlich ignorieren. 
Das ist natürlich auch bei Hesemann nicht anders:

(S.100) "Das hieße – und vieles deutet darauf hin -, dass Oswald schon im März in die Vorbereitungen des (oder eines; man hatte ihm den Namen des Opfers wohl erst im letzten Augenblick verraten) Attentates eingeweiht war, als sein Profil als Castro-Anhänger und Marxist sorgfältig aufgebaut wurde. Es war von Anfang an seine Rolle, den Strohmann, den Sündenbock zu spielen."

(S.153) "Im März 1963 […]. Zum selben Zeitpunkt hatte man in Dallas damit begonnen, Oswald als »Sündenbock« zu präparieren."

Vergessen wir mal einen Moment den Zufall, dass Oswald bereits durch seine Familie einen Bezug ausgerechnet in den Ballungsraum des späteren Tatortes hatte und dass er ebenso zufällig später nach Dallas zog.
Die Planer des Attentats bauen also eine Person als "Sündenbock" auf, die bereits am späteren Tatort zu einem Zeitpunkt lebt, als es noch gar keine Dallas-Reise gab. 
Aber wie kommt nun Oswald auch noch an seinen Job in genau jenem Gebäude, von dem später die Schüsse abgegeben werden, nicht nur lange bevor über Veranstaltungsorte und Fahrtrouten gesprochen wurde, sondern ebenfalls lange bevor die Reise überhaupt beschlossen wurde?

Fassen wir also mal zusammen:

1. Hesemann's Werk – sofern man es überhaupt so bezeichnen sollte – ist im Wesentlichen eine reine Zusammenfassung verschiedener amerikanischer Publikationen:
  • Jim Garrison (Wer erschoß John F. Kennedy?)
  • Mark Lane (Rush to Judgement)
  • Jim Marrs (Crossfire)
  • Penn Jones jr. (Forgive My Grief)
2. Viele der jeweiligen Ausführungen wurden z.T. wortwörtlich übernommen, obwohl viele der darin beschriebenen Ereignisse schon längst widerlegt sind oder sogar ursprünglich schon falsch waren. Hesemann hatte somit wohl keinen großen Wert auf entsprechende Recherchen gelegt. 

3. Ebenso ungeprüft und blindlinks übernommen wurden eine große Zahl von Zeugenaussagen. Hier gibt es erhebliche Abweichungen zwischen den Behauptungen Hesemann's und den tatsächlichen Aussagen. Tatsächlich blieb kaum noch eine relevante Aussage übrig, die einer genaueren Überprüfung stand hielt. Teilweise wurden Aussagen sogar konkret manipuliert, auch wenn ich nicht genau sagen kann, ob von Hesemann oder einem der Originalautoren.
 
4. Auch die Liste der "Mysteriösen Todesfälle" wurde 1:1 übernommen. Die Originalliste umfasst insgesamt etwas über 100 Personen, Hesemann beschränkte sich auf 68 Namen, wovon alleine 30 an Herzinfarkten starben. Der größte Teil der sonstigen Todesfälle stellt sich bei genauerer Betrachtung völlig anders da, was sich – mit etwas gutem Willen – durchaus hätte recherchieren lassen. Und dies auch schon im Jahre 2003. 

5. Ein weiterer erheblicher Anteil der aufgelisteten Person ist bzw. war so weit weg von den Geschehnissen in Dallas, dass es hier an jeglicher Relevanz fehlt. Unterm Strich blieb von den 68 Todesfällen nicht ein einziger übrig, der bei genauerer Betrachtung auch nur ansatzweise das Prädikat "mysteriös" im Zusammenhang mit dem Kennedy-Attentat verdient. Solche Listen erfüllen nur einen einzigen Zweck: sie sehen gut aus. Eine solche komprimierte Aufzählung vermittelt dem unbedarften Leser ein Schreckensszenario, nachdem Herrscharen von Killern in der ganzen Welt unterwegs sind, um noch Jahrzehnte später Mitwisser oder unbequeme Zeugen zu beseitigen. Dem Autor ist deren Wahrheitsgehalt oder Widerlegbarkeit dabei relativ egal. Ihm reicht der bloße Eindruck, den eine solche Liste beim Leser hinterlässt. Denn genau so funktionieren Verschwörungstheorien und nur so lassen sich die Bücher entsprechend an den Mann bringen.
 
6. Was auch noch auffällt: Hesemann benutzt an unzähligen Stellen Formulierungen, die er auf diese Weise einfach als Fakten verkauft. Der Leser nimmt dabei unbemerkt falsche Informationen auf, weil es an dieser Stelle des Textes eigentlich um etwas ganz anderes geht. So schreibt er z.B.: 
"5/1975: Roger Craig, der Polizist, der Oswald bei der Flucht in einem Rambler-Kombiwagen beobachtet hatte, wird erschossen.
Die eigentliche Aussage ist doch, dass ein vermeintlicher Zeuge durch unnatürliche Umstände ums Leben kommt. Somit ein guter Name für die Liste der "Mysteriösen Todesfälle". Der Leser nimmt dabei den Nebensatz bezüglich Oswald's Rolle einfach mit auf.

7. Hesemann scheint sein Werk selbst nicht Korrektur gelesen zu haben. Wenn man es zügig durchliest, stolpert man unweigerlich über viele Punkte, in denen er sich selbst in seinen aufgestellten Thesen widerspricht oder Versionen miteinander verkoppelt, die sich gegenseitig ausschließen. Ein weiteres Merkmal für das blindwütige Vermischen verschiedener Verschwörungstheorien aus unterschiedlichen Quellen.

8. Wenn jemand eine Theorie hat, von der er vielleicht auch überzeugt ist, warum muss er dann wider besseren Wissens ständig zu solchen Mitteln greifen? Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass jemand Zweifel an der offiziellen Version hat. Diese Zweifel sollten jedoch nicht auf falschen Informationen beruhen, wie sie ein Hesemann verbreitet. Dieser widerum disqualifiziert sich in meinen Augen durch seine vielen nachweislich falschen Behautungen als ernstzunehmender Journalist.  

Warum entstehen solche Geschichten?

Wenn man ein Ereignis wie den Kennedy Mord unter dem Mikroskop zu betrachten beginnt dann wir man zwangsläufig Dinge finden. Dinge die unüblich und skurril wirken. Da wir geübt sind Zusammenhänge zu erstellen, zu rationalisieren und überall Kausalität zu sehen, liegt es bei einem so schwer akzeptierbaren Ereignis eben nahe, auch hier eine Verbindung zu machen.

Doch diese Ausnahmen sind vermutlich meist keine Ausnahmen. Solche Skurrilitäten findet man überall und immer. Der Unterschied ist, man nimmt sie in der Regel nicht wahr, weil nichts nebenher passiert. Nicht-Ereignisse werden eben nicht unter diesem Mikroskop betrachtet.

Selbst die Tatsache, dass wir für etwas keine Erklärung haben, bedeutet nicht automatisch eine Verbindung zu einem Ereignis. Die Anzahl möglicher Erklärungen ist unendlich gross und es wäre eine Anmassung zu meinen, wir könnten uns diese alle ausdenken. Schon gar nicht solche schrägen Gedankengänge wie viele rund um das Kennedy-Attentat. Und manchmal ist ein Zufall eben doch nur ein Zufall, ein Fehler eben doch nur ein Fehler und ein Irrtum eben doch nur ein Irrtum statt einer großen Verschwörung.

Beweisführung abgeschlossen !  ♦

(1Für diese Person stehen aktuell noch keine weiteren Daten im Personenregister zur Verfügung !)


Persönliche Homepage des
Kennedy-Sammlers

Peter W. Klages