Im Süden auch Genugtuung erlebt

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Ich heiße Hilja Friedrich, komme aus Koblenz und war 17 und lebte seit einem knappen Jahr in den USA, als der Präsident ermordet wurde.

Ich saß in der Bibliothek der High School in Oxford, Mississippi, und wir hatten Mittagspause. Plötzlich wandte sich unser Direktor Wilson über die Rundsprechanlage an alle Lehrer und Schüler. Mit brüchiger Stimme teilte er uns mit, dass Präsident John F. Kennedy in Dallas erschossen worden war. Es war absolut still im Raum, dann fingen einzelne Mädchen an laut zu schluchzen. Andere Schüler rannten in den Garten. Ich saß wie benommen am Tisch und konnte nicht fassen, dass so etwas Grauenvolles gerade wirklich passiert sein sollte. An Unterricht war nicht mehr zu denken. Wir kamen in der Aula zu einer Andacht zusammen. Die Reaktionen der Menschen in Mississippi darauf waren sehr unterschiedlich. Die Farbigen sahen sich ihrer Hoffnung auf Durchsetzung ihrer Menschenrechte beraubt. Die jüngeren, gebildeten Weißen und auch die meisten meiner Mitschüler hatten ein Idol verloren.

Es gab aber besonders unter den alteingesessenen weißen Südstaatlern nicht wenige, die Genugtuung empfanden. Da hatte jemand diesem katholischen Yankee für seine Einmischung in Angelegenheiten des Südens die Grenzen gezeigt. Die Rassentrennung und diese latente Atmosphäre von Hass und Gewalt im Süden der 60er-Jahre war für mich als deutschen Teenager von 17 Jahren sehr verstörend und belastend.


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Kennedy-Sammlers

Peter W. Klages